Japan (1971)
Warum? Diese Frage stellen sich viele, wenn sie vom Freitod eines ihnen bekannten Menschen hören. Bisweilen ist so etwas kein singuläres Ereignis, manchmal wird es glatt zur Mode, wie Generationen von Deutschlehrern im Unterricht gerne bemerken, manchmal sorgen auch politische Umwälzungen für richtige Selbstmordwellen. In anderen, uns modernen Westeuropäern heute fremden Kulturen hängt man nicht so sehr am Leben, dass man den eigenen Tod vollkommen von sich fernhalten möchte. Vielleicht ist diese Tabuisierung der Grund, warum dieser japanische Film bei uns völlig unbekannt ist.
1970 nahm sich der japanische Schriftsteller, Filmemacher und Intellektuelle Mishima spektakulär das Leben, als er ein extrem nationalistisches Happening veranstaltete, aber sein versuchter Staatsstreich kam auch im Stil über 30 Jahre zu spät [1] und sollte wohl auch scheitern. Der japanische Regisseur Wakamatsu war jedenfalls von der tödlichen Konsequenz Mishimas Handelns so beeindruckt, dass diese intellektuell ins Zentrum der Handlung dieses relativ kurzen Filmes stellt.
Ein Liebespaar hat einen Selbstmordpakt geschlossen, aber fast schon zu spät doch noch kalte Füße - im wahrstem Sinne - des Wortes bekommen. Sie bleibt schwer verletzt zurück und er reißt aus. 10 Jahre später treffen sie sich wieder, er hat geheiratet, die Beziehung seiner jetzigen Gattin zu einem Studenten ist zerbrochen, so dass der Selbstmord begehen wollte, nur die Gastwirtin in dem winterlichem Thermalbad [2] kann ihn davon erst mal abhalten, denn genau sie ist die anderer Hälfte dieses gescheiterten Selbstmordpakts. Die Personen in diesem Film reflektieren ihre Handlungen anhand von Zitaten aus 47 Ronin [3], Schnee liegt wie ein Leichentuch über den Hängen an dem Stausee und am Ende bleibt unklar, ob trotz oder wegen der modernen westlichen Musik nicht doch die Wurzel für eine Wiederholung der Filmhandlung gelegt wird.
[1] Auch sein Kurzfilm Patriotismus befasst sich mit privaten Konsequenzen aus diesem Ereignis.
[2] Shinjû: Ten no Amijima Handlung dreht sich um genauso einen Doppelselbstmord
[3] Entweder man sieht sich eine der vielen Verfilmungen dieses Romans an oder man ließt wie dieser Autor die Zusammenfassung von Jorge Luis Borges in Niedertracht und Ewigkeit Seiten 56ff, Frankfurt 1991
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