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Streifzüge

„Die Hölle“ ein Film von Henri-Georges Clouzot

(Frankreich 2009)

Dokumentationen über gescheiterte Filmprojekte gibt es viele, doch in den meisten Fällen sind diese von Journalisten, da die Filme meistens noch in ihrer frühsten Entwicklungsphase (Development Hell) sterben, nur sehr selten gelangen sie soweit, dass mehr als einzelne Testaufnahmen gemacht werden.

Dass Filmprojekte abgebrochen werden, nach dem die Klappe für die erste Szene gefallen ist, geschieht eher selten. Die Hölle ist so ein Fall.

1964, knappe 4 Jahre seit seinem bisher letzten Film versuchte sich der Regisseur Henri-Georges Clouzot an einem neuen Film. In den 1950ern galt er als einer der besten Regisseure Europas, Filme wie Lohn der Angst oder Die Teuflischen waren weltweit an der Kinokasse erfolgreich, doch in Frankreich stürmten ab 1959 Filmkritiker auf die Leinwand und erzähltem dem Publikum Filme auf eine neue Art, nicht mehr im Studio wurde gedreht, sondern neue Kameras erlaubten die Arbeit on Location, was die Filmemacher zwang, viel mehr zu improvisieren. Auch die Gesellschaft befand sich in einer Änderung, was ebenso zu einer neuen Sicht auf die Art und Weise des Erzählens führte.


Unter dem Eindruck von Fellinis 8 ½ entschied sich Clouzot ein neuartigen Film über die Eifersucht eines verheirateten Mannes zu machen. Aufgrund seiner bisherigen Erfolge hatte er viel mehr Geld für diese Produktion, die er in neuartige optische Effekte zu investieren dachte, und weil es modern war, und er es den jungen Wilden von der Nouvelle Vague so richtig zeigen wollte, drehe auch er on Location. Arbeitswütig erwartete er ein ähnliches Engagement von seinen Schauspielern und dem anderen bei den Dreharbeiten beteiligten, bis sein Hauptdarsteller, der für eine Szene hinter einem Auto einen Berg herauf rennen musste, nach mehreren Takes einfach nicht mehr konnte und sich krankschreiben ließ. Die Rolle wurde neu besetzt, so viele Szenen waren ja noch nicht abgedreht, aber nach 5 weiteren Tagen hatte auch der Regisseure einen Herzinfarkt[1] und die Produktion wurde erst mal unterbrochen. Diese Unterbrechung dauerte bis in die 1980er, als Clouzot dieses Skript an einen anderen der jungen Wilden, Claude Chabrol verkaufte. Da eben auch amerikanisches Geld involviert war, blieben die Filmdosen mit dem angefallenen Filmmaterial erhalten. Erst durch einen blöden Zufall, defekte Fahrstühle ermöglichen längere Gespräche zwischen den Eingeschlossenen[2], konnte ein französischer Filmwissenschaftler, Clouzots Witwe überzeugen, das Filmmaterial wissenschaftlich und kommerziell auswerten zu lassen. Das, was von dem Film noch erhalten ist, ist ein Wrack, aber man kann noch deutlich erahnen, was da für gewaltige Bilder einer kranken Seele dem Publikum offenbart hätten werden sollen.


[1] Wenn man Truffauts, einer der Jungen Wilden, Amerikanische Nacht im Hinterkopf hat, kann man das durchaus verstehen

[2] So bekommt man als Wartungstechniker einer Liftfirma zu einem Filmcredit in einem premierten Dokumentarfilm


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