(Frankreich 1963)
Und was bekam des Soldaten Weib
Aus der alten Hauptstadt Stadt Prag?Aus Prag bekam sie die Stöckelschuh'
Einen Gruss und dazu die Stöckelschuh'
Das bekam sie aus der Hauptstadt Prag
So hieß es 1943 in einem Gedicht von Bert Brecht. Dieses Gedicht, es läßt sich unschwer erkennen, richtete sich gegen das Naziregieme und zählt die Kriegsbeute auf, die die Wehrmachtssoldaten auf ihren Eroberungszügen zurück in die Heimat schickten. Nicht nur die Reichsregierung ging auf einen großen Beutezug, Gold, Rohstoffe, Lebensmittel, Arbeitskräfte, auch der einzelne Soldat, sollte, wie heute aus vielen Studien bekannt ist, sich persönlich ein wenig bereichern können – Stichwort Tragehilfenerlass[1]. Damit hoffte, wie Götz Aly in seinem Buch Hitlers Volksstaat zeigte, das Herrschaftssystem der Nazis in seinem Inneren stabilisiert werden. Nun, die dicke Rechnung, der Witwenschleier aus der russischen Weite des Gedichtes, wurde präsentiert.
Jean-Luc Godard setzte dieses Gedicht in seinem fünftem Spielfilm um. Und Godard wäre nicht Godard, wenn er dabei nicht nur einfach über die Verführbarkeit des Einzelnen durch Autoritäten nachdenkt. Gedreht mit nicht professionellen Schauspielern in einer ärmlichen Landschaft, die ein wenig an das Italien aus den Siegern erinnert, der italienische Neorealismus lässt grüßen. Und natürlich sind die Namen symbolisch überfrachtet. Michel-angel heißt der eine der beiden Brüder, Ulysses der andere, Venus und Cleopatra die beiden Frauen. Die Männer bekommen ihre persönlichen Einberufungungsbescheide von zwei Soldaten überreicht und die einfache Erklärung, dass der König sie jetzt im Krieg braucht, und sie sich ihre Wünsche beim Feinde erfüllen dürfen. Autos, Frauen, was ihr wollt... Nun, der Krieg geht verloren und der Friedensvertrag will, dass die Kriegsverbrecher bestraft werden. Die gleichen Soldaten, die die beiden rekrutiert haben, erschießen sie auch nach der Übermittlung dieser Information.
Vielleicht weil keine bekannten Namen mitwirken, der Film selbst zwischen den Algerien- und den Vietnamkrieg fällt und nur eine relativ allgemeine, dafür aber deutliche Aussage über den Krieg an sich macht, ist er heute relativ unbekannt. Der einzige bekannte Name vor der Kamera ist der französische Regisseur Barbet Schroeder, die einen Autohändlerin spielt, aber bekannt ist der Film für seine Postkartensequenz, die man auch als philosophische Erörterung über das Abbild und den Gegenstand lesen kann.
[1] Wehrmachtssoldaten auf Heimaturlaub durften ab 1942 nicht nur so viel Gepäck von der Front mitbringen, wie sie mit beiden Händen tragen konnten, sondern auch Tragehilfen verwenden, vorrausgesetzt im Zug war genügend Platz. (Packheiser: Heimaturlaub. Soldaten zwischen Front, Familie und NS-Regime, Göttingen 2020 – besprochen in https://www.sueddeutsche.de/politik/wehrmacht-soldaten-weltkrieg-1.4984369
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