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  • Streifzüge

Glückskinder

Aktualisiert: 17. Jan. 2021

(Deutschland 1936)


1935 war Lilian Harvey in Hollywood gescheitert. Das Studio Fox holte sie nach ihrem UFA-Erfolg ein Blonder Traum als potentiellen Star in die USA, doch es steckte selbst schon in finanziellen Schwierigkeiten. Lilian Harvey hoffte für ihren Freund auch ein kleines bisschen Glück abscheiden zu können, doch an Regisseuren herrschte in Hollywood kein Mangel. Für ihn war nach einem B-Film Schluss, sie hatte in 3 Filmen ein wenig Erfolg – es ist problematisch, wenn Marionetten mehr Aufmerksamkeit als die Hauptdarstellerin in den Kritiken bekommen[1] – und so fiel es ihr nicht schwer, Hollywood Lebewohl [2] zusagen und nach Berlin zurück zu kehren, wo man nur eine Tagesreise mit der Bahn von Wien, Paris und London, den anderen Zentren des europäischen Films, wo sie ohne sprachliche Probleme wirken konnte, entfernt war. In Berlin allerdings hatte sich ein brauner Ungeist breitgemacht, dessen Ideal sie nicht völlig entsprach, womit sie aber vorerst keine größeren Probleme hatte. Das von Tarantino in seinem Film Inglourious Basterds zitierte Zerwürfniss lag mehr an ihren Gagenforderungen in ausländischen Währungen als am weiterem Kontakt mit jüdischen Freunden und Kollegen[3], bis sie auch selbst zuerst nach Frankreich und dann wiederum weiter nach Hollywood emigrierte. Aber 1935 stand sie unter ihrem Freund wieder für die UFA vor der Kamera in einer von Hollywood inspirierten Screwball-Komödie. Kurt Goetz hatte Frank Capras It happened one Night auf deutsche Verhältnisse angepasst – die Handlung spielt jetzt komplett in New York - und mit dem deutschen Leinwandtraumpaar (Lilan Harvey und Willy Frisch) besetzt. Hier wird ein Reporter, der nur eine Reportage über den nächtlich tagenden Gerichtshof, den Nightcourt, machen sollte mit einer Landstreicherin, die möglicherweise eine vermisste Millionärsnichte ist, vom vorsitzenden Richter zwangsverheiratet. Dadurch verliert der Reporter erst mal seine Stellung, ebenso wie seine Freunde die sich für ihn einsetzen; als dann noch die echte Millionärsnichte und der Grund, warum sie verschwunden ist, auftauchen, ist die Verwirrung und damit die Komödie komplett. Der Film bleibt nicht so sehr wegen seiner Darsteller und dem intelligenten Umgang mit den von Capra übernommenen Situationen in Erinnerung, sondern vor allem wegen dem einen für die voll ausgebildete Opernsängerin Harvey und ihren Bühnenpartner selbstverständliche Musiknummer - den Foxtrott Ich wollt, ich wär ein Huhn - die im Film zu einer kleinen Kammerszene mit Gesellschafts- und Filmkritik ausgebaut wurde – die Große Nummer aus ein Blonder Traum lässt grüßen. Die NS-Presse war gespalten – Dr. Goebbels lobte den Film in seinem Tagebüchern sehr, als UFA-Chef war er auch mit den Einspielergebnissen höchst zufrieden, aber dem Schwarzen Corps, dem Organ der SS, missfiel er. Vom Film gab es auch noch eine französische Sprachversion, auch mit Lilian Harvey aber sonst spielten andere Schauspieler.

[1] aber die Marionettenszenen in I am Suzanne! sind wirklich bezaubernd.

[2] Die Rolle, für die sie ihr Studio im nächsten Film vorgesehen hatte, verhalf Alice Faye an der Seite von Rudy Vallee zum Durchbruch.

[3] Auch wenn das Reichsinnenministerium ab 1938 wirklich extrem nerven konnte.

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