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  • Streifzüge

Große Freiheit Nr. 7

(Deutschland 1944)

Wie übersteht man eine Dikatur? Krustschow soll auf dem großen Entstalinisierungsparteitag der KPdSU 1955 auf die Frage „Und wo waren Sie, Genosse?“ eines unbekannten Delegierten mit der Gegenfrage „Wer war das?“ geantwortet haben, und als er dann erwartungsgemäß keine Antwort bekam, die Frage mit „Hier, still und vorsichtig.“ doch noch zu beantworten. Helmut Käutner hatte sich für die stille innere Emigration entschieden, als er diesen Film über die gescheiterten Lebensträume des gescheiterten Seemannes Hannes Kröger (Hans Albers) drehte, der sein Leben als Sänger in einem Nachtclub an der Reeperbahn bestreitet, zwar bietet sich ihm im Laufe des Films doch noch einmal die Chance eine eigene Barkasse zu erwerben und seine Selbstachtung zurück zu gewinnen, als er eine jüngere Frau kennenlernt, doch am Ende ist der Zug für ihn abgefahren und er heuert auf einem Clipper an. Käutner kann sich auch in diesem Film im poetischen Realismus austoben, diesmal sogar in Farbe, doch das Reichspropagandaministerium hatte große Probleme mit dem geplanten Titel, die Nebenstraße der Reeperbahn war dann doch etwas zu doppeldeutig, weswegen die Hausnummer hinzugefügt werden musste Und dann 1944, nachdem zwischenzeitlich auch nur noch die U-Boote westwärts[1] fuhren, und nicht mehr ostwärts zurückkamen, galt der Film als zu pessimistisch um ihn dem deutschen Publikum zumuten zu können und er wurde nur im Ausland, auch in den besetzten Gebieten gezeigt. Szenen im Hamburger Hafen waren kurz bevor der Zerstörung der Stadt im Feuersturm durch den großen Luftangriff von 1943 gedreht worden, und irgendwie ist das Wissen darüber im ganzen Film spürbar. „... einmal wird es vorbei sein.“ heißt es im Liedtext von La Paloma, und für den Oberbefehlshaber der Marine, Reichsadmiral Dönitz, grenzte das an Wehrkraftzersetzung, weswegen der Film vom alliierten Kontrollrat bereits im Sommer 1945 freigegeben wurde. Heute zählt man ihn zu den 100 wichtigsten deutschen Spielfilmen.


[1] Ja, auch dieser Film muß einmal besprochen werden.



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