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Streifzüge

Jahrmarkt

(USA 1980)

Im Original heißt dieser Film Carny, und dieser Begriff bezeichnet Menschen, die auf einem Rummel oder Jahrmarkt arbeiten. Diese, als fahrendes Volk leben abseits der „normalen“ Menschen in ihrer eigenen Welt, die sich nicht unbedingt immer den üblichen Moralvorstellungen unterwirft, aber eben auch ihre eigene Moral durchsetzt[1].

Dieser Film weiß nicht so genau, was er den eigentlich seien möchte, ein Buddymovie, eine Emanzipationsgeschichte, ein Sittenbild oder doch einfach nur ein Dokumentarfilm. Und genau dieser Zwiespalt steht dem Film am Ende dann doch ein wenig im Weg, wenn man denn unbedingt wert auf eine stringente Handlung legt. Der Film folgt zwei Männern, die zusammen in verschiedenen Funktionen bei einem kleinem Karnevalsunternehmen in ländlichen Süden der USA arbeiten, der eine, Frankie (Garey Busey) spielt Bozo den Clown, der das Publikum beleidigt und dafür, wenn dieses Fähig ist, mit den geworfenen Bällen einen Schalter zu treffen, ein kaltes Bad nehmen muss, der andere, Patch (Robbie Robertson) ist die rechte Hand des Managers und als solche das Mädchen für alles. Dazu gehört Verhandeln mit den einzelnen Schaustellern und den örtlichen Verwaltungen, inklusive Bestechung/Schmieren. Zwischen diese beiden Männer tritt nun zufällig eine junge Frau (Jodie Foster), die aus ihrem bisherigen Leben als Kellnerin ausbrechen möchte. Diese dient erst mal dem Zuschauer als Wegweiser durch diese ihm und ihr fremde Welt. Da sich aber Frankie in sie verliebt, droht sie die Beziehung zwischen den beiden Männern zu zerstören, Patch' Versuche sie zu vergraulen schlagen aber fehl, sie deckt ihn sogar, nachdem sein Versuch, sie bei den Strippern zum Tragen von deutlich weniger Kleidung als sie ursprünglich wollte zu bringen katastrophal gescheitert ist, was am Ende dazu führt, dass er sie auch akzeptiert und die beiden gemeinsam im Bett landen. Sie findet an einem anderen Stand ihre Befriedigung im Abzocken von Karnevalsbesuchern[2].

Doch dies allein hat dem Regisseur Robert Kaylor noch nicht gereicht, er integriert noch ein weiteres Plotelement, einen Gangster, der das Unternehmen finanziell schröpfen möchte, den man dann mit einem primitiven Illusionstrick verjagen kann. Dass da nebenbei einer der Schausteller (Elisha Cook jr.), der sich eigentlich nach dieser Saison zur Ruhe setzten wollte, auf dem Jahrmarktgelände einem Amokfahrer zum Opfer fällt, ist eher filmhistorisch interessant, denn Elisha Cook jr. war der Schauspieler, der dem normalen Filmfreund eigentlich nur als der durch das Fenster entkommende geplante Sündenbock aus Der Malteser Falke von 1941 bekannt ist.

Als Film ist dieser eher dadurch interessant, dass hier sehr viel Mühe aufgewandt wurde, um ein stimmiges Setting einer eigenen Welt zu entwickeln, die Szenen, in denen wohl „echte“ Schausteller auftreten, und Szenen aus ihrem „normalen“ Leben zeigen, weisen zumindest auf ausgezeichnete Beobachtungsgabe hin, Szenen wie das Ausnutzen des Regens als Dusche für den „Fettklos“ der Freakshow kann man eigentlich nicht so aus dem Stegreif inszenieren. Für Jodie Foster war dies eine der ersten Rollen als Erwachsene, nachdem sie mit Taxi Driver noch als Kind zum internationalen Star geworden war. Robbie Robertson, der neben einer der Hauptrollen auch noch als Produzent fungierte, hatte als Jugendlicher auf einem Jahrmarkt in Kanada gearbeitet und war so dieser Welt wohlvertraut.

[1] Es gibt viele Filme, die diese eigne Welt als Basis für ihre eigene Handlung verwenden, man Denke an The Unknown oder Freaks, die abweichende Moral wird allerdings auch häufig als derogatives Element ganzen Ethnien zugeschrieben, siehe die entsprechende Anmerkung zu The Cockoos. Der Zirkus und das Theater fallen bisweilen in ähnliche Beschriebenheiten.

[2] Nicht das das für das Filmpublikum etwas neues wäre, Take a Chance beginnt mit einer ähnlichen Prämisse und auch das zeigt die Hauptdarstellerin ähnlich viel Haut.

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