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Streifzüge

Maniac

Aktualisiert: 12. Apr. 2021

(USA 1934)

Exploitationfilme heißen so, weil sie ihr Erzählobjekt ausbeuten, „to exploit“ auf Englisch. Im Gegensatz zu den normalen Kinofilmen wurden sie nicht regulär im Kino gezeigt, sondern die Kopie wurde von ihrem Besitzer im Rahmen einer sonstigen Veranstaltung gezeigt. Das musste nicht einmal ein Kino sein, es konnte auch ein Zelt auf einem Jahrmarkt oder sogar eine Dorfkirche sein. Das Beiprogramm konnten wissenschaftliche oder erbauliche Vorträge, oder Verkaufsveranstaltungen für Bücher oder sonstige Gegenstände sein, die sich nicht unbedingt der Wertschätzung der Autoritäten erfreuten. Einer dieser Schausteller war Dwain Esper, der durch Zufall in den Besitz eines primitiven Tonfilmstudios gekommen war und in den 1930ern versuchte dies gewinnbringend einzusetzen. Der Höhepunkt seines filmischen Schaffens ist dieser Film nach einem selbstverfaßten Drehbuch. Er wusste, was bei seinem Publikum ankam, und hat entsprechend die Szenen optimiert: Verrückte Wissenschaftler, Edgar Allen Poe, Sex und Gewalt. Es empfiehlt sich diesen Film nach dem Konsum von Alkohol (ein klassisches Bestandteil von auf solchen Veranstaltungen vertrieben Wundertinkturen[1]) oder sonstigen logikdämpfenden Substanzen oder einfach nur in Gemeinschaft[2] zu sehen, andernfalls kommt die unfreiwillige Komik dieser Kombination von Frankenstein und The Black Cat nicht zur Geltung. Die Schauspielerischen Leistungen sind grauenhaft, genauso wie die Regie, die sich auf ein einfaches Draufhalten der Kamera und dann nicht „Stopp“ sagen beschränkt. „Doctor, it's getting worse than better“ ruft eine ältere Dame, nachdem ihrem Mann ein Mittel gegeben worden ist, und wir erleben den Effekt dieses Mittels mit, und der Darsteller probiert diese Szene dann noch zu toppen und zu toppen und zu toppen. Und genau diese Szene bleibt deswegen in Erinnerung, genauso wie die immer wieder eingeschnittenen Kommentare aus einem medizinischen Lehrbuch über Geisteskrankheiten. Dass dann plötzlich eine WG von Chorusgirls mit Geräten, die man eigentlich nur von Home Shopping Kanälen im Privatfernsehen kennt, und ein als Gorilla verkleideter Mann eine Nackte davon trägt, macht dramaturgisch keinen Sinn, steigert aber die Komik[3]. Man fragt sich, wie denn der begleitende Vortrag bei einer damaligen Vorführung gewesen sein muß. Bei Bedarf können entsprechende Vorträge auch hier geordert werden[4].


[1] Man denke nur an Doctor Silvers' Golden Elexir aus Dames

[2] Es gibt einen schönen Artikel über den Gemeinschaftsaspekt des Kinos auf Arteschock

[3] Ich selbst sah den Film vor vielen Jahren im Werkstattkino in München und sinnigerweise schlug eine Katze, nicht zum Kino gehörig, vor Beginn des Films ihre Krallen in einen der Lautsprecher und streckte sich.

[4] gegen Gebühr und Erstattung der Fahrtkosten, versteht sich.

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