(Deutschland 1933)
S.O.S. Eisberg war als Film eigentlich der letzte seiner Art. Gedreht wurde er vom Bergfilmspezialisten Arnold Fanck mit den Leuten, mit denen er auch seinen Stummfilmklassiker Die Weiße Hölle vom Piz Palü gedreht hat, diesmal aber als Tonfilm in einer internationalen Koproduktion zwischen UFA und Universal. Wie auch in seinen Stummfilmen sind die Bilder spektakulär, was Dreharbeiten im echten Fels und Eis (auch wenn für ein paar Szenen die Schweitzer Alpen für das dänische Grönland herhalten mussten), doch die Bergfexe vor der Kamera sind nicht unbedingt die größten Stimmen, wenn es um den Dialog geht. Entsprechend simpel gestrickt ist die Handlung: Bei einer Grönland-Expedition hat sich Professor Lorenz (Gustav Diessel) entgegen der Anweisungen des Expeditionsleiters Dr. Krafft (Sepp Rist) auf den Weg zu seinem Traumziel gemacht, und wurde von den restlichen Teilnehmern nicht mehr gefunden und für tot erklärt. Doch ein Lebenszeichen von ihm ist eingegangen, dass eine Rettungsexpedition aufbrechen lässt. Wie es sich für den Bergfilm gehört, die Natur bringt und das Publikum erwartet Drama, kommt die natürlich einen Tick zu spät, der totgeglaubte hat sich gerade selbst auf einen äußert gefährlichen Weg über ein aufbrechendes Fjord gemacht um eine Eskimosiedlung auf der anderen Seite zu erreichen und die Rettungsexpedition (ohne Flieger) trifft sich [1] auf einer Eisscholle gestrandet wieder. Dank Funk kann man der Welt mitteilen, wo man ist und da die Frau des Professors (Leni Riefenstahl) bei Ernst Udet Flugstunden genommen hat, fliegt diese zu der Eisscholle und legt natürlich auch eine Bruchlandung hin. Es braucht einen deutschen Offizier, der dann im letzten Moment wirklich mit den Eskimos eine erfolgreiche Rettung organisiert. Es hat seine Vorteile, wenn der erfolgreichste deutsche Flieger und spätere Reichsminister Udet sich selber spielt, als Pilot [2] war er einfach besser.
Inspiriert ist der Film von einer der großen Luftfahrtkatastrophen de 1920er, dem Absturz des Italienischen Luftschiffes Italia auf der zweiten Nordpolexpedition Umberto Nobiles im Jahre 1928 [3], allerdings hier im Film war es ein deutscher Amateurfunker, der den Kontakt mit den Gestrandeten herstellen konnte. Als der Film im Sommer 1933 die deutschen Kinos erreichte, durfte der Autor der Vorlage, eines Hörspiels, Friedrich Wolf [4] nicht mehr genannt werden, als Jude und Kommunist war er Dr. Goebbels nicht mehr vermittelbar, eine Kooperation mit Hollywood war nach diesem Film auch nicht mehr erwünscht. Ebenso zog es der Komponist Paul Dessau vor, sich nach Frankreich abzusetzen.
Für die zeitgleich entsendende US-Version S.O.S Iceberg wurde Gustav Diessel durch Rod La Rocque ersetzt, auch gibt es kleinere Abweichungen in der Handlung.
Die Dreharbeiten auf Grönland erwiesen sich als politisch schwierig, da die dänische Regierung nur wissenschaftliche Expeditionen auf die Insel zuließ, weswegen das Filmen offiziell als eine solche unter der Leitung des Ethnologen Knud Rassmunsen ausgewiesen wurde.
[1] Ganz Stanley-Livingston mäßig, aber ohne den Pathos und die Unwilligkeit gerettet zu werden.
[2] Er hatte sehr gute Beziehungen in die Künstlerszene der Weimarer Republik, und fühlte sich später in der technokratischen Welt der Parteiideologen nicht sonderlich wohl. Ihm ging es nur um schnelle gute Flugzeuge. Nicht umsonst ist Des Teufels General ihm gewidmet.
[3] Die Italienisch-Sowjetische Koproduktion Das Rote Zelt widmet sich der Rettung der Schiffbrüchigen um den italienischen General durch den sowjetischen Eisbrecher Krassin knappe zwei Monate nach dem Absturz
[4] Vater des Regisseurs Konrad Wolf und des DDR-Spionagechefs Markus Wolf.
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