top of page
Streifzüge

The Wild Bunch - Sie kannten kein Gesetz

Aktualisiert: 29. März 2023

(USA 1969)

Als der Film 1969 in die Kinos kam, tobte in den USA der Protest gegen den Vietnamkrieg und irgendwie war auch nach diesem Film das Filmerlebnis etwas anders. Den klassischen Hollywoodwestern gab es danach nicht mehr, entsprechend äußerte sich auch einer der klassischen Stars des Western, John Wayne, für ihn hatte Sam Peckinpah mit diesem Film den Western „kaputt gemacht“. Gut, in Europa, ins besonders in Italien hatte man schon in den 10 Jahren davor den Western neu erfunden[1] und sich von dem alten Gegensatzpaar Cowboy und Indianer, das auch den Hollywoodwestern der 1960er durchzog verabschiedet. Peckinpah zeigt hier einen Film über alternde Männer und ihre Loyalitäten, es geht um Verrat und die vergebliche Hoffnung noch einmal ein wirklich großes Ding durchzuziehen und sich danach zur Ruhe zusetzten. Alle Hauptpersonen des Films, den am Ende nur zwei überleben, sind Outlaws.

Um einen Dieb zu fangen, braucht man einen Dieb, heißt es, und so denkt auch die texanische Polizei. Die will die Bande um Pike (William Holden) und Dutch (Ernest Borgnine) endlich erwischen und hat dazu ihren ehemaligen Partner Thornton (Robert Ryan) verpflichtet mit einer eigenen Posse von Kopfgeldjägern genau das zu bewerkstelligen. Ein gestreutes Gerücht um eine großen Menge Lohngeld in Silber bei einer Eisenbahngesellschaft dient als Köder und tatsächlichen, Pike und Dutch reiten mit ihrer Bande als Soldaten getarnt in die Falle – doch im allerletzten Moment riechen sie Lunte und entkommen mit mittleren Verlusten. Die Kollateralschäden dieses Unterfanges sind aber gewaltig, genauso gewaltig wie die Bilder, die diese erste Viertelstunde dieses Filmes benötigt hat. Bis dahin gab es in Hollywood keine derartige Darstellung von Gewalt gegen unbeteiligte und keine so brutale Darstellung der Wirkung von Schusswaffen auf den Menschlichen Körper. Peckinpah dehnt und beschleunigt die Zeitachse des Beobachters nach dramaturgischen Gesichtspunkten, durch das Kreuzfeuer der beiden Parteien im Schusswechsel paradiert ein Temperenzler Demonstrationszug mit klingendem Spiel, während auf der einen Seite ein Banküberfall inklusiver Geiselnahme, auf der anderen Seite die Exekutive den Kopfgeldjägern beim Versuch der

Ausschaltung der Outlaws zusieht. Ja, natürlich ist die Beute wertlos, die vorgeblichen Silbermünzen, für deren Bergung bei der Flucht auch noch die klassischen Tricks der Westlernreiterei gezeigt wurden, entpuppten sich dann nur als wertlose Unterlegscheiben, doch nach einem kurzem Rückzug auf mexikanisches Gebiet nimmt man ein neues Ziel ins Auge. Der örtliche putschende General braucht Waffen, und die US-Army will ihre Sicherungstruppen an der Grenze mit Waffen und Munition verstärken. Der Diebstahl der Ladung unter den Augen der Army und der Kopfgeldjäger ist ein Kinderspiel. Die Posse um Thornton schläft zwar nicht wie die regulären Soldaten, aber auch er würde lieber mit Profis arbeiten, denn er steht unter Zeitdruck, er muss Dutch und Pyke binnen eines Monats erwischen, sonst muss auch er wieder ins Gefängnis, und das hat ihm absolut nicht gefallen. Pyke hingegen hat dem Drängen eines aus seiner Bande nachgegeben und einen Teil der Beute an andere mexikanische Revolutionäre weitergegeben, was wiederum dem örtlichen Putschistengeneral verraten wird. Am Ende kommt es dann zum finalen Eklat, den weder Pyke und Dutch und ihre Leute, bis auf einen Alten, noch der General und seine Truppe überlebt – mit einem Maschinengewehr kann man Hundertschaften niedermähen, vorausgesetzt man hat genügend Personal um die Verluste der MG-Schützen zu ersetzen[2].

Pyke und Dutch wirken wie ein altes Ehepaar, das sich langsam seines Alterns bewusst wird, es ist erstaunlich wie sich Pyke und Thornton ähnlich sind. Durch kurze Rückblenden wird klar, wie sie hier jetzt auf verschiedenen Seiten geendet sind, was dann auch erklärt warum es zu diesem letzten Gefecht kommen musste. Diese Art des Umgangs mit Rückblenden diente dann natürlich als Inspiration für andere Filmemacher. Tarantionos Pulp Fiction Handhabung der Erzählzeit lässt sich fast so deutlich wie die Freezeframe-Technik am Anfang auf diesen Film zurückführen.

Der Film benötigte für seine Produktion angeblich mehr Munition als die mexikanische Revolution von 1913, die Damen in den Bordellen, die da aus optischen Gründen herumsaßen sollen laut Peckinpah echte Prostituierte gewesen sein, nur um nach der Produktion behaupten zu können, dass das Studio tatsächlich auch für so etwas Geld ausgegeben habe.

[1] Der Italowestern wie Für eine Handvoll Dollar verdient einen eigenen Artikel.

[2] Schwere MGs dieser Zeit verwendeten aus gutem Grund eine Wasserkühlung, die thermische Belastung für den Lauf zwingt auch heute noch zu regelmäßigen Laufwechsel und limitiert so die Dauer und Häufigkeit von Feuerstößen – etwas was gerne beim Einsatz von Sturmgewehren (G36) vergessen wird.



Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Comments


bottom of page