(Frankreich 2003)
Regisseur Bruno Dumont gehört zu den Vertretern des New French Extremism, deren Filme sich auch von den normalen Arthouse-Filmen durch ihre Sperrigkeit absetzen. Dumont verwendet in diesem Film das klassische Cinemascopeformat und dieser Film verlangt die große Leinwand des Kinos.
Die Handlung des Filmes ist schnell erzählt, David, ein amerikanischer Photograph (David Wissak) will oder soll das russische Model Katja (Katja Golubeva) für ein Magazin in der Wüste photographieren. Keiner der beiden spricht die Sprache des anderen, weswegen man sich auf Französisch verständigen muss, das keiner der beiden sonderlich gut spricht. Vielleicht gerade deswegen entsteht zwischen den beiden eine Beziehung, sie jedenfalls verliebt sich in ihn und er erwidert ihre Gefühle, auch wenn sie sich häufig über Nichtigkeiten und sprachliche Missverständnisse streiten. Das Wüstenkaff Twentynine Palms mit einem Motel, einer Tankstelle, einem Café und einem Discounter dient ihnen über ein paar Tage als Operationsbasis. Motivsuche mit dem Hummer, Streiten, Nichtstun und Ficken bilden das Grundgerüst ihrer Zeit dort und des Filmes. Abgesehen von ein paar anderen Menschen, die dort arbeiten sind die beiden praktisch allein. Wenn doch einmal ein paar andere Menschen in den Motelpool springen, verlassen sie dies um sich zum Sex auf ihr Zimmer zurückzuziehen.
Wüste heißt immer Einsamkeit und auf sich selbst zurückgeworfen zu sein, und vor den Felsen des Joshuatree Nationalparks wird jedem klar, wie klein und unbedeutend doch der Mensch im Vergleich zur Natur ist. Dumont vermittelt uns dieses Gefühl deutlich durch seine extrem langen Einstellungen. Manche Kritiker werfen ihm vor, er würde hier nur einem klassischen Touristenblick auf die USA werfen, aber diese Kritik greift zu kurz. Zwar wird von Anfang an auf die typische Gewaltsamkeit der Amerikanischen Kultur angespielt, Davids Hummer, und der ist bei weitem nicht der einzige, der sich auf den Wüstenpisten bewegt, ist eine Entwicklung des Militärs, Katja trägt bisweilen, wenn sie überhaupt etwas trägt, eine Outdoorhose in Wüstentarnfarbe, und die Beziehung der beiden ist bisweilen handgreiflich, und der darauf immer folgende Versöhnungssex[1] ist aggressiv lustvoll. Dennoch, auch wenn sich eine gewaltsame Bedrohung durch die Stimmung langsam andeutet, kommt der wirkliche Gewaltakt als absolute Überraschung. Dumont, der bis dahin eher auf den Spuren von Robert Bresson[2] mit seinem genauen Beobachten von Menschen in ihrem Alltag gewandelt ist, lässt die Gewalt wie ein surrealistisches Happening hereinbrechen und zitierte da noch im Vorbeigehen Stanley Kubricks Clockwork Orange. Und wie es sich für einen Postmodernen Film gehört, wird mit der Opferrolle auch noch gespielt.
Der Film lebt von der Körperlichkeit seiner Schauspieler. Ihre Körper erzählen mit jeder Faser die Geschichte der beiden Charaktere, Situationen und andere Lebewesen, und die Reaktionen der Protagonisten darauf nehmen das Ende des Filmes eigentlich schon vorweg, in der Wüste findet man Gott, heißt es in der Bibel, und man kann dort nachlesen, was Samson geschah, als er seines Haares verlustig ging. Dumont ist zwar ein bekennender Atheist, aber als Universitätsprofessor ist ihm der Inhalt der Bibel durchaus vertraut.
[1] Nein, der Film ist definitiv nichts für Puritaner
[2] Einer der hier besprochenen Filme ist Ein zum Tode Verurteilter ist entflohen.
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