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  • Streifzüge

Wenn es Nacht wird in Paris

Aktualisiert: 12. Apr. 2021

(Frankreich 1953)

1953 war Jean Gabin schon seit ein paar Jahren wieder zurück aus seinem Exil in Hollywood, wo er den zweiten Weltkrieg verbracht hatte. Keiner seiner Filme dort ist irgendwie groß in Erinnerung geblieben, im Gegensatz zu seiner Affaire mit Marlene Dietrich. Auch die Filme, die er danach wieder in Europa gedreht hatte, konnten erstmal nicht an seine großen Vorkriegserfolge anschließen. Jacques Becker, der langjährige Regieassistent von Jean Renoir, war nicht wie dieser nach Hollywood gegangen, sondern in Frankreich geblieben und konnte sein Können mit augenscheinlich unpolitischen Filmen[1] nach seiner Rückkehr aus deutscher Kriegsgefangenschaft unter Beweis stellen. Seine Filme fanden ihr Publikum und auch die Kritiker waren zumindest angetan. 1953 begann die Arbeit an diesem Film, der sich als das Comebackvehikel für Jean Gabin erweisen sollte. Der war jetzt nicht mehr der junge Arbeiter, der am Schicksal tragisch scheitert, sondern schon ein in Würde gealterter Gangster, dem ein Konkurrent seine als Alterssicherung zur Seite gelegte Beute abluchsen möchte. Jacques Becker begibt sich hier auf ein Terrain, auf dem ein anderer Résistancekämpfer, Jean-Pierre Melville, sein Hauptwerk angelegt hat, und Becker schlägt sich ausgezeichnet. Dass dieser der erste Film des ex-Ringers Lino Ventura[2], der hier den Gegenspieler Gabins spielt, ist muss man wissen, sehen kann man es nicht.

Unter Dieben gibt es eine Ehre, und der Modernisierer muss sich dann doch dem Alter geschlagen geben. Gabin hat später in der Dekade eine Reihe von Filmen mit dem Regisseur Gilles Grangier gemacht, die ein altes, dem Kriege zum Opfer gefallenes, Frankreich beschwören. Dieser Film ist ein geistiger Vorläufer dieser Reihe, das neue Verbrechen geht um die Verteilung von Rauschgift und der alte Gabin und sein Freund können den Ansprüchen ihrer jüngeren Freundinnen (Jeanne Moreau[3] und Dora Doll[4]) auf abendliche Eskapaden nicht mehr 100% entsprechen. Am Ende des Filmes ist eine alte Freundin, die sich im Falle seiner Verhaftung um die persönliche Versorgung im Gefängnis[5] kümmern soll, völlig erstaunt, dass er zum Lesen eine Brille braucht.

[1] Er war auch in der Résistance aktiv.

[2] Er wirkte auch in einer Reihe von Melville-Filmen mit.

[3] Es war ihr erster Film mit einem der großen Regisseure nach 5 Jahren in kleineren Filmen und einer großen Theaterkarriere, die bis ins 21. Jahrhundert andauerte.

[4] eine gebürtige Berlinerin, die in Frankreich in Nebenrollen auch für die ganz großen Regisseure vor der Kamera stand.

[5] Sein leider letzter Film Das Loch kündigt sich hier schon an

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