(Deutschland 1951)
Wenn man heute den gewöhnlichen Deutschen nach dem größten Skandalfilm der 1950er fragt, wird, sofern er überhaupt einen deutschen Film aus dieser Zeit kennt, unweigerlich der Titel dieses Films genannt werden, denn da haben sich doch die Pfarrer von der Kanzel über den blanken Busen der Hauptdarstellerin Hildegard Knef aufgeregt, dass sie ihren Schäfchen den Besuch der Kinos bei Verlust ihres Seelenheils verboten haben. So geht die Geschichte und wie viele Mythen enthält sie tatsächlich ein Körnchen Wahrheit. Es stimmt, dass die Kirche diesen Film nicht mochte, und es stimmt, dass für eine Szene Hildegard Knef ihrem Freund oben ohne Modell steht.
Doch das war nicht das Problem, das die katholische Kirche mit diesem Film hatte – Damen oben ohne haben die Katholiken nie sonderlich gestört, da konnte man ja beichten, problematischer war, dass die Sünderin (Hildegard Knef) mit dem Maler in Wilder Ehe zusammenlebte. Das war unsittlich und um keine Straftat darzustellen, waren diese Szenen vom Regisseur Willi Forst eh ins Ausland verlegt worden. Aber selbst damit hätte sich die Kirche abfinden können, doch das Hauptproblem lag an völlig anderer Stelle. Ihr Freund. der Mahler leidet an einem Gehirntumor – inoperabel. Er weiß, dass er erblinden wird und er hat darauf keine Lust. Sie reicht ihrem Freund Gift und begeht daraufhin ebenfalls Selbstmord. Und genau an diesem Punkt der Sterbehilfe begannen die Probleme. 1941 brachte die UFA, d.h. Dr. Goebbels, einen Spielfilm in die deutschen Kinos mit dem man subtil Werbung für die Aktion T4 machen wollte: Ich klage an von Wolfgang Liebeneier. Dieser Film ist als Vorbehaltsfilm heute nur schwer zu sehen, auch wenn das Thema immer noch aktuell ist[1]. Da diese Aktion aber am Widerstand der Kirchen scheiterte, werteten die Kirchen Die Sünderin als persönlichen Affront und traten erst einmal aus der FSK aus. Dem Film hat dieser Skandal nicht geschadet, erst seit den 1960ern hat sich die bleierne Schwere[2], die den braunen Mief verdrängte, wieder verzogen.
[1] Ein niederländischer Film zum gleichen Thema - Simon - war 2005 Kandidat für den Oscar, aber in den Niederlanden ist Sterbehilfe legal
[2] Nur um ein paar Beispiele zu nennen: §175, §218 und §1300 StGB. Und natürlich der Kuppeleiparagraph, die zumindest entschärft worden sind.
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