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  • Streifzüge

Fahrstuhl zum Schafott

Aktualisiert: 23. Mai 2021

(Frankreich 1957)

Bis 1957 wußte man in Frankreich genau, wie man Kriminalfilme zu drehen hatte: im Studio und nach Vorlage einer literarischen Quelle. Es gab zwar einen Außenseiter, der sich nicht ganz an diese Regeln hielt, Jean Pierre Melville, aber da kam plötzlich ein junger Mann aus einer großbürgerlichen Familie mit einem Oscar in der Tasche daher und hatte bei einer Theateraufführung eine geniale Idee, er würde einen Krimi verfilmen und eine Nebenfigur, die Freundin des Täters zur Hauptdarstellerin machen, und die passende Besetzung dieser Rolle hatte er gerade in Der Katze auf dem heißen Blechdach auf der Bühne gesehen. Jeanne Moreaus Agent war von dieser Vorstellung nicht sonderlich begeistert, weshalb sie ihn einfach auswechselte. Maurice Ronet spielte den Mörder, der ihren Mann und seinen Vorgesetzten einfach umbrachte, aber ein Beweisstück am Tatort vergessen hatte, und bei der Beseitigung des selbigen von einer Stromabschaltung im Fahrstuhl überrascht wird, während seine Freundin durch das abendliche Paris zieht, sein Sportwagen von einem Halbstarken für eine Spritztour mit seiner Freundin, einem Blumenmädchen entwendet wird, und dieser in einem Streit einen deutschen Touristen erschießt.

Aber nicht Ronet steht im Mittelpunkt der Handlung, genauso wenig wie der Halbstarke, sonder Jeanne Moreau. Die Kamera folgt ihr und ihren Empfindungen, die sie durchlebt, als ihr Freund sie nicht aufsucht, er aber als Halter des Wagens von der Polizei für einen Mord gesucht wird, den er nicht begangen haben kann. Und sinnigerweise wird ihr Gegenspieler, der ermittelnde Polizist von Lino Ventura[1] gespielt. Aber nicht nur mit der Drehweise betrat Malle neuen Boden, sein Kameramann musste sich das nötige spezielle hochempfindliche Negativmaterial selbst in die für die Filmkamera benötigte Länge bringen lassen, es war eigentlich nur für Photokameras gedacht, auch die Filmmusik war etwas neues. Miles Davis spielte den Soundtrack für den ganzen Film an einem Abend live ein[2], ohne den Film davor je gesehen zu haben.

[1] in seinem Erstling Wenn es Nacht wird in Paris war er der Bösewicht und Jeanne Moreau die Freundin des bestohlenen Gangsters, die am Tode der meisten Beteiligten Mitschuld hatte.

[2] der Soundtrack verkaufte sich auch als Platte ausgezeichnet.

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