(USA 1931)
Dunstschwaden ziehen über den Hafen von New Orleans, ein Call-Girl wird von ihrer Agentinen ein Kunde zu gewiesen und ist vom ersten Blick auf ihrem Kunden (Ralf Hardole) angewiedert, nach nicht einmal 220 Sekunden ist der Kunde tot. Nur von den ersten drei Sets könnte man meinen, es wäre ein Film des poetischen Realismus eines Marcel Carne, doch Regisseur William Wellman hat seinen eigenen Stil, den man auch in seinen anderen Filmen wie Wings oder Beggars of Life sehen kann, 1931 war er bei Warner Brothers unter Vertrag und eigentlich sollte Barbara Stanwyck die Prostituierte spielen, aber dann übernahm aus produktionstechnischen Gründen Dorothy MacKail die Rolle der glücklosen Gilda Karlson. Für sie war es der zweite Tonfilm, bei dem sie wieder groß herauskommen sollte, nachdem sie bereits zu Stummfilmzeiten ein zugkräftiger Name war[1], doch das Studio erneuerte ihren Vertrag 1931 nicht, worauf sie für Columbia, MGM und Paramount arbeitete bevor sie 1937 von der Leinwand ihren Abschied nahm.
Doch sonderlich lange bleibt die Handlung nicht in New Orleans, als ihr bewusst wird, dass sie wegen des Todes ihres Kunden gesucht wird, schmuggelt sie ihr Freund (Donald Cook), ein frischgebackener Offizier auf einem Frachter, auf eine Karibische Insel, wo es kein Auslieferungsabkommen mit den USA gibt, und heiratet sie dort unter der Hand. Doch da auf dieser Insel, in dem Hotel, dem einzigen mit weißen Gästen, ist sie die einzige weiße Frau und damit das Objekt deren sexuellen Begehrens. Nur mit Mühe kann sie sich den Avancen des örtlichen Polizeichefs, Gefängnisdirektors und Henker in Personalunion (Morgan Wallace) widersetzen, der aber jegliche Kommunikation mit ihrem Freund unterbindet. Als dann der von ihr vermeintlich umgebrachte Kunde, der zusammen mit seiner Frau, seine Versicherung betrogen hat, ebenfalls in dem Hotel absteigt und sie wiederum vergewaltigen will, erschießt sie ihn. Im Prozess wird sie nur wegen illegalen Waffenbesitz zu 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Als ihr klar wird, dass sie auch da den Avancen des Gefängnisdirektors ausgesetzt seien wird und keine Chance hat ihm nicht sexuell zu Willen zu sein, gesteht sie fälschlich, dass sie das Opfer absichtlich ermordet hat, um hingerichtet zu werden.
Das „älteste“ Gewerbe der Welt war immer ein Anzugspunkt für Fiktionen und auch das Kino machte da keine Ausnahmen. Und aus den Slums einer Großstadt in den feuchten Dschungel, das ist kein sonderlich großer Sprung. Hier ist es ein Vergewaltigungsopfer, dass nur diesen Weg sieht ihr Leben fortzusetzen, in anderen Filmen wie Sensation Hunters ist Prostitution der letzte Ausweg[2], in anderen Filmen dieser Zeit ist es ein Beruf wie andere auch, auch wenn es häufig zu tragischen Todesfällen[3] kommt. Hier ist sie eine von drei Personen, die moralisch gut wegkommen. Das erstaunliche ist, dass die beiden anderen nicht weiß sondern schwarz sind. Wellman legte wert darauf, dass Nina McKinney, bekannt aus King Vidors Hallelujah und Clarence Muse normales Englisch sprechen und nicht wie sonst üblich ein primitives Gestammel.
[1] Ursprünglich war sie Tänzerin auf der Bühne in London, bevor sie dort für den Broadway entdeckt wurde. Als Ziegfeld Girl war es mit dem guten Aussehen nur ein kleiner Schritt vor die Kamera.
[2] Auch da ist es die Marine, die das allerschlimmste verhindert.
[3] Die Heilige und die Hure, und Verbrechen darf sich nicht lohnen. Auch wenn der Production Code erst ab Sommer 1934 bitter ernst genommen wurde, galt die Moral dahinter schon viel früher. Weswegen Fritz Lang 1941 in Menschenjagd der (ursprünglichen) Prostituierten eine Nähmaschine in ihr Zimmer stellte. Nein, sie hat den Film nicht überlebt.
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