(Frankreich 1937)
Marcel Carné und Jacques Prévert zerlegen mit ihrer Farce die Strukturen eines klassischen Kriminalfilms in eine gesellschaftliche Kritik. Im Gegensatz zum klassischen britischen Kriminalromans einer Agatha Christie in der Tradition von Sir Arthur Conan Doyle, bei der der Ermittler eine durch das Verbrechen in Chaos gestürzte Welt wieder ordnet und auch etwaige soziale Verwerfungen wieder in ihr altes bewährtes Schema einpasst, herrscht hier Ordnung, die durch den Ermittler ins absolute Chaos gestürzt wird. Irwin Molyneux (Michel Simon) ist ein verheirateter Botaniker im edwardianischen London. Leider ist seine Bezahlung nicht gut genug, um seiner Frau Margaret (Françoise Rosay) ein standesgemäßes Leben zu ermöglichen, weswegen er unter einem Pseudonym erfolgreiche Kriminalromane schreibt. Diese Kriminalromane sind seinem Vetter, dem Bischof Archibald Soper (Louis Jouvet) ein Dorn im Auge, da diese Krimis, ganz im Stile einer moralischen Panik, die Leute verderben. Da der gute aber mal wieder Lust auf einen guten Entenbraten hat, lädt er sich selbst bei seinem Vetter ein, denn bei dessen Köchin schmeckt der am besten. Leider hat die aber gerade gekündigt und die Hausfrau muss jetzt selber kochen. Da der Anschein einer bürgerlichen Existenz gewahr werden muss, erklärt Irwin dass seine Gattin gerade verreist sei, was aber den Bischof dazu bringt, ihn des Mordes an seiner Gattin zu verdächtigen. Die Folge ist, dass die Polizei erscheint, diese die Leiche im Garten vermutet, diesen umgräbt, und das Ehepaar in ein billiges Hotel flieht. Zufällig treibt sich noch ein echter Serienkiller William (Jean-Louis Barrault) in London herum, der neben Metzgern auch Frauen ermordet, und den lernt Margaret zufällig kennen. Doch der will eigentlich noch lieber diesen Krimiautor ermorden. Dass am Ende, es ist ja eine Farce und keine bitterböse Gesellschaftskritik wie in Jean Renoirs Spielregel, alle noch am Leben sind und die Ordnung wieder hergestellt ist, versteht sich von selbst. Die wahren Schuldigen, so hieß in einem späteren Film dieses Teams, die sitzen da oben. Und schuld an der ganzen Chose, war auch hier die aufgestachelte Masse. Aufgestachelt von Menschen, die von Reinheitsidealen besessen sind, ob es sich nun um die Reinheit der Seele oder wie während der Produktionszeit auch der Reinheit des Volkskörpers. Marcel Carné findet wunderbare Bilder für die Beschränktheit der Moralkreuzzügler und die Macht der Liebe (Jean-Pierre Aumont und seine Milchflaschen) und die Unmöglichkeit einen Mob wieder zu stoppen (das Telephon). Der Betrachter ist erstaunt, dass der nächste Film des Teams Carné-Prévert dann der existentialistische Hafen im Nebel war. In einer ganz kleinen Rolle kann man den jungen Jean Marais entdecken, für die Kamera war Eugen Schüfftan verantwortlich.
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