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  • Streifzüge

Hafen im Nebel

(Frankreich 1938)

Der Soldat Jean (Jean Gabin) ist dessertiert und will per Schiff Frankreich verlassen, die junge Nelly (Michelle Morgan) hat ihren Freund verloren, ihr Ziehvater Zabel (Michel Simon) hat ihn aus Eifersucht ermordet, was sie aber erst im Laufe des Films erfährt und es gibt außerdem noch zumindest einen weiteren Verehrer, der mit ihr ins Bett möchte, Lucien (Pierre Brasseur), einen Schmalspurgangster. In einer kleinen Kneipe außerhalb der französischen Hafenstadt Le Harve treffen diese Figuren auf einander. Jean erhält die Kleider eines am Leben verzweifelten Malers nach dessen Selbstmord und verliebt sich in Nelly, was Zabel und Lucien missfällt. Jean und Nelly verleben ein paar schöne Tage, während Jean versucht für sich eine Schiffspassage nach Venezuela zu organisieren, doch die enttäuschten Verehrer stören immer wieder. Dann hat es endlich funktioniert, er kann auf einem Schiff mitfahren und will sich nur noch kurz von Nelly verabschieden, als diese von Zabel arg bedrängt wird, ein Wort ergibt das andere, und dann ist Zabel plötzlich erschlagen, jetzt ist es für jean wirklich Zeit zu verschwinden, doch dann, auf der Straße, erschießt ihn hinterrücks Lucien. Am Ende hat nur eine einzige Person ihre Ziele erreicht, der leicht demente Kleinkriminelle Quart Vittel (Raymond Aimos) kann tatsächlich in einem warmen, frisch bezogenen Bett schlafen.

Regisseur Marcel Carné und Drehbuchautor Jacques Prévert hatten vor diesem Film schon mehrfach zusammengearbeitet und sollten diese Kooperation bis 1945 noch mehrfach äußerst erfolgreich wiederholen, man denke nur an Der Tag bricht an und Kinder des Olymp. Dieser Film wird von manchen Filmwissenschaftlern als erster Film Noir betrachtet, manche Filmkritiker sehen in ihm aber bereits das Ende der 3. Republik vorweg genommen, auch ohne dass diese jetzt Anhänger des Etat Francaise (Vichy-Frankreich) gewesen wären. In diesem Film stimmt einfach alles, die Geschichte, die ausweglos in die finale Katastrophe führt, die Kulissen, die die Schäbigkeit der Verhältnisse, vor der die Antihelden fliehen, illustriert ohne sie explizit zur Schau zu stellen (Bauten Alexandre Trautner), die Kamera, die alles immer mit einem melancholischem Blick einfängt (Eugen Schüftan) und natürlich die Schauspieler. Dass Jean Gabin der Mann für eine derartige Rolle ist, war keine Überraschung, er hatte bereits im Jahr zuvor für Duviver eine ähnliche Rolle in Pepe le Moco - Im Dunkel von Algier gespielt[1], Michel Simon ist ein Urgestein des französischen Kinos, der immer sehenswert ist[2], nur (vielleicht) eine kleine Überraschung war die 17 jährige Michelle Morgan in einer ihrer ersten großen Rollen[3], die sich nicht von den „schwergewichtigen“ Namen schau spieltechnisch an die Wand drücken lies. Marcel Carné formte dies alles in ein einheitliches Bild, wie viel von diesem einheitlichen Bild wirklich auf Carné fällt, oder ob das alles nur auf Préverts Drehbuch zurück geht, ist auch 75 Jahre nach dem Ende der Partnerschaft der beiden immer noch eine Frage in der wissenschaftlichen Debatte. Eis ist jedenfalls festzustellen, dass Marcel Carné alleine in seinem Film Die Marie vom Hafen sich nocheinmal der Frage des Alleinseins einer Frau angenommen hat, und einen deutlich freundlicheren Schluss gefunden hat.

[1] Und die Kombination von Ruhe und Getriebenheit kann man auch in den Filmen Bestie Mensch und Die große Illusion von Jean Renoir sehen, später dann auch in Wenn es Nacht wird in Paris.

[2] egal ob im Stummfilm in kleinen Rollen wie in Die Passion der Heiligen Johanna, in Tonfilmen wie L'Atalante, Nachkriegsrevueverschnitten wie Wirbel im Nachtclub oder in multinationalen Abenteuerfilmen wie Der Zug.

[3] Ihre Filmkarriere begann mit 16 Jahren als Kleindarstellerin in Operettenverfilmungen wie Mademoiselle Mozart, führte während des Krieges in die Emmigration nach Hollywood (Joan of Paris), nach dem Krieg wieder vor französiche Kameras (Das große Manöver) und in europäische Produktionen (Menschen im Hotel).

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