(Deutschland 2017)
Eine Filmkritik soll Lust machen sich den Film anzusehen oder genau begründen, warum man ihn nicht sehen sollte. Manche Kritiker können letzters sehr gut, sie machen einem die Filme schmackhaft, die sie verreißen. Manchmal heißt es in Diskussionen „der hat den Film verrissen. Also muss er gut sein.“
Interessant wir es, wenn ein Kritiker sich an einen Dokumentarfilm macht, der sich mit einem Sujet beschäftigt, dass prinzipiell in Deutschland immer verdrängt wird, weil, wenn man sich damit beschäftigt, man automatisch im Verdacht steht, sich mit der Alternativen Fliegenschiss Dings gemein zu machen. Letzteres ist bei Rüdiger Suchsland nicht zu befürchten, er hat aber einen Dokumentarfilm geschrieben, der sich mit eben diesem verdrängten Filmgut beschäftigt, das eben nicht nur „Vorbehaltsfilme“ beinhaltet, also Filme die in Deutschland nur mit einer qualifizierten Einführung öffentlich gezeigt werden dürfen, sondern auch eigentlich ganz normale Produktionen.
Manche der anderen Aufgeführten Titel kann man bisweilen im Fernsehen sehen, ein paar wenige sind sogar für den Heimkinomarkt käuflich zu erwerben. Und ja, manche dieser gezeigten Ausschnitte machen Lust auf mehr.
Und da beginnt das Wundern. Es ist ja klar, dass das Finale von „Wunschkonzert“, einem Vorbehaltsfilm, nicht mehr einfach so gezeigt werden kann, immerhin wird da das Engelandlied von Löhns[1] - natürlich in der Nazifassung ohne 3. Strophe - gespielt, in einem Setting, das doch sehr an die Endsequenz von Hawaii Keisen (Japan 1942) erinnert[2], es ist aber erstaunlich, dass eine wunderbare Gesangsnummer von Gustav Gründgens aus Kapriolen von Dr. Goebbels auf Platte verboten worden war und sich heute, fast 75 Jahre nach dem Ende des 3. Reiches auch nicht auf Youtube finden lässt [3] .
Persönlich vermisste ich ein paar Titel, Stukas (1941) zum Beispiel enthält Szenen, die man selber sehen muss um sie dann doch nicht glauben zu wollen oder den Anfang von SA Mann Brand. Aber die Aufnahmefähigkeit des deutschen Publikums ist begrenzt und eine Sozialgeschichte des deutschen Kinopublikums und des Herumeierns um politisch erwünschte Inhalte ist ein vergnüglich informativer Ansatz.
[1] Sein Werwolf, wirklich lesenswert, wurde 1945 auch erstmal von den Alliierten verboten. Löhns selbst fiel als Kriegsfreiwilliger noch im September 1914 in Frankreich
[2] Ob eine Kopie von Wunschkonzert noch nach Japan gelangt war, oder der Film nur in der diplomatischen Korrespondenz des japanischen Militärattaches erwähnt wurde ist eine Frage, mit der sich japanische Filmwissenschaftler herumschlagen müssen.
[3] Nachtrag vom Februar 2022 - bei einem wiederholtem Ansehen ist mir aufgefallen, dass diese Sequenz nicht aus Kapriolen, sondern aus Tanz auf dem Vulkan und als solche durch aus auf Youtube zu finden ist. IMDB Link: https://www.imdb.com/title/tt6566624/reference
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