USA (2003)
Man vergesse alles, was man bislang über Vampire zu wissen geglaubt habe und versenke sich völlig in diesen beinahe Lowbudgetfilm und genieße ihn einfach. Ja, es geht auch hier um Blut, aber der Mensch ist hier nicht das Opfer, dass seiner Sexualität im mehr oder weniger übertragenen Sinne zum Opfer fällt. Eigentlich steht in diesem Film der Mensch nur den Konfliktparteien störend im Weg und es gibt eine Gentlemenagreement, das auch so zu lassen. Doch der jungen Vampirin Selene (Kate Beckinsale) fällt plötzlich auf, dass sich ihre Gegner, die Werwölfe, für einen bestimmten Menschen zu interessieren beginnen und sie beginnt deshalb eigenständig zu ermitteln. Der Film changiert zwischen Action- und Spionagefilm in einem modernem urbanen Rahmen, wo die beiden Parteien eben durch die traditionelle Zuschreibung ihrer Identitäten so definiert sind, dass sie auch für ein aktuelles Publikum als Identifikationsfiguren begreifbar werden. Auf der einen Seite die eleganten Vampire in schicker Kleidung, sportwagenfahrend und in großen eleganten Schlössern wohnend, auf der anderen Seite, die grobschlächtig gekleideten, im Untergrund lebenden und eher auf ÖPNV setzenden Werwölfe, die den Vampiren, die wir durch die Wahl der Hauptperson Selene[1] eigentlich immer als Bezugspunkt haben, als Jagdbeute dienen. Dass sich die Werwölfe unter diesen Bedingungen zu Wehr setzen, ist da als angewandter Klassenkampf selbstverständlich und wird erst in einem Sequel, Underworld: Evolution, ausführlicher erklärt. Gedreht wurde der Film in Prag[2], der Stadt des Rabbi Löws, wo schon häufiger mit übersinnlichen Stoffen gearbeitet wurde, man denke nur an den Golem oder die Verwandlung.
Vampire scheuen das Tageslicht, entsprechend ist der ganze Film in einem Comicstrip-haften, düsterem Glanz (Kamera Tony Pierce-Roberts) gehalten, was der Regisseur Len Wiseman, ursprünglich ein Setdesigner, weidlich ausgenutzt hat. Stilistisch stand der Film in direkter Tradition von Die Matrix und Blade, inhaltlich setzte er auf eine andere Tradition des Fantasy als sie in den kurz zuvor in die Kinos gekommene Herr der Ringe Trilogie und Harry Potter. Vom Vampirfilm eines Dracula waren nur noch Spuren zu finden.
[1] Selene ist natürlich sinnigerweise der Name der antiken Mondgöttin.
[2] Prag war als Hauptstadt der CSR und seiner Nachfolgestaaten auch immer ein Zentrum einer eigenständigen Filmindustrie. Dass nach der Annexion der Tschechischen Republik durch das Dritte Reich neben den Waffenschmieden auch die Filmstudios beschlagnahmt wurden und im Laufe des Zweiten Weltkrieges als bombensichere Ausweichstätte für Babelsberg und Geiselgasteig diente. Entsprechend entstanden dort nicht nur Filme wie Ekstase oder Tausendschönchen, sondern auch Unter den Brücken.
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