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  • Streifzüge

Unmoralische Geschichten

Aktualisiert: 29. März 2023

(Frankreich 1974)

Anfang der 1970er hatte sich im Zuge von 1968 die Zensur in Frankreich stark gelockert und Walerian Borowczyk, der bis dahin eigentlich nur kommerziell mäßig erfolgreiche Kurzfilme für Vorprogramme vor dem Hauptfilm gedreht hatte, wurde von einem Produzenten nahegelegt, dieses zu kombinieren. Kompilationen von Kurzfilmen zu einem bestimmten Thema waren ja nichts ungewöhnliches, wenn man zum Beisiel an zum Beispiel an Paramount on Parade oder RoGoPag denkt, aber in diesen Fällen stammten die Kurzfilme alle von verschiedenen Regisseuren. Hier aber war es ein Regisseur, der sich verschiedenen Aspekten des gleichen Themas annahm. Entsprechend besteht auch dieser Film aus vier einzelnen Episoden, die alle für sich alleine stehen könnten, in allen geht es um das Thema Sexualität, eigentlich hätten es sogar fünf werden sollen, aber die fünfte, die entwickelte sich dann zu einem weiterem Film, Das Biest. Die Vorlagen für die einzelnen Episoden sind von verschiedenen Autoren, zum Teil aus dem Umfeld der Surrealisten. Die erste befasst sich mit einem jungem Mann (Fabrice Lucini), der zusammen mit seiner 16jährigen Cousine (Lise Danvers) am Strand die ersten gemeinsamen sexuellen Erfahrungen sammelt, sie bläst ihm einen im Rhythmus der Wellen an dem Strand. Die zweite befasst sich mit der Kombination religiöser und sexueller Ekstase einer Jugendlichen (Charlotte Alexandra)[1] in ihrem Zimmer, die Vorlage hierzu lieferte ein anonymer Roman des 18. Jahrhunderts, Thérèse, die Philosophin, oder Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Paters Dirrag und der Mademoiselle Eradice .


Die dritte Episode ist die wohl interessanteste, geht es doch um die berühmt berüchtigte ungarische Gräfin Elizabeth Báthory (Paloma Picasso), die glaubte sie könne ihre Schönheit erhalten, wenn sie denn im Blut von schönen jungen Mädchen baden könne. Gezeigt wird sie uns durch die Augen einer Vertrauten (Pascale Christophe) und es wurden über 30 Liter Schweineblut verwendet. Bei dieser Episode muss man fast automatisch an das industrielle Ermorden von Menschen in den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten denken[2], wenn die Opfer durch das Schloss zu den Bädern gehen.

Die letzte Episode nimmt den populären antiklerikalen Mythos um die Borgias wieder auf. Abel Gance widmete Lucia Borgia einen ganzen Film, hier hingegen, Softcore lässt grüßen, kommt es in der päpstlichen Kapelle zu einer inzestuösen Orgie. 1974 wurden in Paris in 128 Kinos erotische Filme gezeigt, die knapp 360.000 Zuschauer für diesen Film (Nummer 1 war Emanuelle) war der zweit erfolgreichste in dieser Kategorie, die immerhin für 16% des Umsatzes sorgte.

[1] Angeblich waren alle Schauspieler während der Dreharbeiten über 18.

[2] Man denke an die künstlerische Umsetzung ähnlicher Prozesse in Tschekist und vergleiche mit der Selbstdarstellung der Täter in Theresienstadt.


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