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Streifzüge

Hips, Hips, Hooray!

Aktualisiert: 16. Juli 2023

(USA 1934)

Wie soll man diesen Film noch toppen, hätte sich das Filmstudio RKO nach diesem Film fragen können, doch Kräfte von außen schoben derartigen Überlegungen schnell einen Riegel vor, im August des Jahres wurde Joseph Breen Chef der obersten freiwilligen Zensurbehörde aller Studios und etwaige Überlegungen für einen Revuefilm dieser Art zerschlugen sich automatisch. Nur als Revue lässt sich dieser Film über die Erlebnisse zweier Vertreter für Lippenstifte mit Geschmack sinnvoll lesen, anders kann man zwei Liebesgeschichten, eine Radiosendung, ein Billardspiel, ein Autorennen, mehrere mehr oder weniger gescheiterte Betrugsgeschäfte und eine Unterschlagung in eine Handlung integrieren.

Mit einem großen Namen neben den Stars, die damals sehr bekannt waren[1] warb das Kinoplakat, aber Ruth Etting war damals nur ein großer Radiostar, den man heute eigentlich nur noch über ihre Filmbiographie Tyrannische Liebe kennt, der aber wie auch in Roman Scandals nur für einen einzigen Song im Film gebraucht wird. Dass es sich bei diesem Film um eine Revue handelt, macht uns gleich zu Beginn der Chorus von praktisch unbekleideten Revuegirls klar, denen unsere beiden Helden Andy William (Bert Wheeler) und Dr. Robert Dudley (Robert Woolsey) ihren Lippenstift mit Geschmack andrehen möchten. Eines von denen Daisy (Dorothy Lee) verliebt sich in Andy und macht ihre Chefin Miss Frisby (Thelma Todd) auf das Produkt aufmerksam. Die aber findet den Doktor fast noch interessanter, was zu einer wunderbaren Nummer, einem doppelten Liebesduett Just Keep on Doing what you're doing in einer Penthousewohnung führt, die dabei auf anarchische Weise verwüstet wird. Ein Kleiderbügel verwandelt Andy in Cupid, Miss Frisby zerlegt die Kleidung ihres amurösen Zielobjektes in die Blüte eines Gänsebühmchens und der Eigentümer (Spencer Chartes) wird als störendes Mobiliar in die Abstellkammer getanzt. Dieses Kleinod kann man auf youtube finden. Harry Ruby und Bert Kalmar [2][3] hatten sich hierfür richtig ins Zeug gelegt und Mark Sandrich, der auch eine Reihe von Fred-Astaire-Ginger-Rogersfilmen inszenierte, führte hier kongenial Regie.

Dennoch hat auch dieser Film seine Schwächen, die letzte Nummer, das Autorennen kommt so plötzlich aus der Luft und die Gags darinnen passen eher zu Buster Keaton und Laurel und Hardy, aber davor haben wir noch ein sehr neugieriges verirrtes Eichhörnchen, einen aufdringlichen Polizisten [4] und einen schwulen Choreographen, der von niemand anderem als dem Hitlerdarsteller Nr. 1 Bobby Watson [5] gespielt wird. Just keep on doing what you're doing möchte man dem Studio zurufen, aber einfach so weitermachen war dank dem Hayescode leider keine Option. Das Aufbrechen von Geschlechterrollen war seither unerwünscht, auch wenn es diesmal Robert Wooley war, der einen Lampenschirm in einen Tutu für sich selbst zweckentfremdete. Wheeler und Woolsey drehten mit den gleichen weiblichen Stars noch einen guten Film, Cockeyed Cavaliers, aber danach wurde wie auch bei den Marx Brothers das Material schwach und Woolsey verstarb 1937 an Nierenversagen.

[1] Im Gegensatz zu den Marx Brothers und W.C. Fields wurden sie in den 1970ern von der Counterculture der Universitäten nicht wieder entdeckt.

[2] Auch sie sollten 1950 noch ihre Filmbiographie Drei kleine Worte bekommen, als MGM so langsam die Stoffideen für Musicals auszugehen begann.

[3] Nebenbei bemerkt, Harry Ruby war ein enger Freund von Groucho Marx.

[4] Ein Topos über das sich Busby Berkeley in seiner Nummer Petting in the Park (aus Goldgräber von 1933) bereits ein Jahr zuvor lustig gemacht hat. „Is nothing sacred to you - Dir ist nichts heilig.

[5] Siehe The Hitler Gang. Irgendwie findet jeder seine Lücke.

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