(USA 1982)
Nur in New Orleans kann dieser Film spielen, das glaubte Regisseur Paul Schrader und das Publikum folgt ihm bei diesem Film gerne. 1942 drehte Val Lewton Cat People für RKO und in den späten 1970ern war auf Seiten der Produzenten ein allgemeines Interesse an Remakes und Neuverfilmungen alter Horrorstoffe, man denke an den Werwolfstoff, den man jetzt jetzt nach London verlegt hat oder an den ewigen Wiedergänger, der in der Form von Klaus Kinski als Nosferatu wieder auf die Leinwand kam, nachdem er unter anderem vom Hammerstudio in allen möglichen Varianten[1] wiederbelebt worden war. Drehbuchautor und Regisseur Paul Schrader nahm sich die alte Vorlage vor und wusste genau, dass er diesen perfekten Film nicht so verfilmen konnte. Er musste sich auf einen anderen Aspekt dieses Klassikers konzentrieren.
Eine Frau verwandelt sich beim Sex in einen gefährlichen schwarzen Panther und tötet dann ihren Sexualpartner. Dieser Stoff ist frauenfeindlich und so nicht zu verfilmen, so sah es Roger Vadim[2], den das Studio zuerst mit diesem Stoff betrauen wollte. Außerdem stellt sich die Frage, nachdem Wieso. Warum verwandelt sich eine Frau in eine Großkatze, wenn sie nicht von einer gebissen worden ist, wie es die Werwolftradition will? Für Paul Schrader, bei dem der Stoff dann endgültig landen sollte, war es klar, dass dies nur durch Fortpflanzung innerhalb der eigenen Art möglich war, was die Existenz eines Bruders bedingte. Damit war die Handlung und die möglichen Grundkonflikte festgelegt. Für die Besetzung der Hauptrollen traf er die perfekte Wahl, Paul, den Bruder, der wie man im Laufe des Filmes erfährt, bereits eine Odyssee durch mehrere psychiatrische Anstalten hinter sich hat, nach dem seine Eltern sich in einem Selbstmordpakt das Gehirn heraus geblasen haben, und unglücklich mit seinem Sexualleben, welches ihn dazu verdammt seine Gespielinnen zu zerfleischen, wird von Malcom McDowell[3] gespielt, seine Schwester Irina, seine einzige sichere Sexualpartnerin von Nastassia Kinski[4], der Tochter des Schauspielers Klaus Kinski. Und sie beherrscht mit ihrem animalischen Wesen den Film. Irina ist noch Jungfrau, wie sie ihrer erstaunten Kollegin Alice (Annette O'Toole) im Gespräch unter Frauen zu verstehen gibt, aber sie ist sich ihrer Wirkung auf das andere Geschlecht durchaus bewusst, und sie gibt mächtig damit an, dass sie unter ihrem Pullover keinen BH trägt. Ihren Bruder hat sie viele Jahre nicht mehr gesehen, und eigentlich will der ihr in New Orleans, der Stadt die so anders ist als das restliche weiße Amerika helfen, doch sein Job für eine Kirchengemeinde lässt ihn schon nach ein paar Stunden aus seinem Haus verschwinden.
Der Horror kommt, wenn die Realität beginnt weg zuklappen, heißt es, und das Wegklappen der Realität kann nur geschehen, wenn die Angeln gut befestigt sind. New Orleans hat als Verbindung zur Karibik mit der ursprünglichen direkt aus Afrika stammenden Sklaverei[5] immer noch diesen seltsamen Flair[6], so ist es für die Polizei völlig normal, dass sie nachdem Irina vor dem wieder erschienen Paul, der sie über ihre problematische Situation und die daraus zu ziehenden Konsequenzen geflohen ist, und der Polizeihund vor der Haustüre angeschlagen hat, einen menschenopfernden Kult ausheben und die schwarze Haushälterin (Ruby Dee) festnehmen.
Nun, Paul war nicht, wie er sagte im Gefängnis, er hatte als Panther eine Prostituierte schwer verletzt und war als Panther in den Zoo eingeliefert worden, wo er erst, nachdem er einen der Tierpfleger gerissen hat, wieder als Mensch entkommen[7] konnte. Irina hat in der Zwischenzeit einen Job im Zoo bekommen, nachdem sich der Kurator Oliver (John Heard) in sie verguckt hat[8], und auch sie erwidert seine Gefühle. Der lädt sie zur Ablenkung ob des Schreckens in seine Wochenendhäuschen in das Mündungsdelta des Mississippi ein, natürlich auch mit dem Hintergedanken Sex, doch sie will irgendwie nicht und man schläft in getrennten Betten.
Zurück in New Orleans hat Paul die nächste Frau gerissen, versucht nun noch einmal mit Irina in Kontakt zu treten und wird von Alice, die Oliver schützen will, als Panther erschossen. Seine Bitte um Erlösung, die er Irina kurz vor seinem Tod gestellt hat, wurde so auf anders als gewünschte Weise gewährt. Irina weiß, dass ihr Bruder jetzt tot ist und hat keine Ahnung, was sie jetzt mit sich selbst anfangen soll, auch seine Haushälterin, die sie im Gefängnis besucht kann ihr keinen Ausweg aufzeigen, deshalb entscheidet sie sich New Orleans zu verlassen. Oliver wird von einem seltsamen Verhalten des Pantherkadavers bei der Obduktion überrascht.
Alice joggt Abends durch die Stadt und betritt kurz vor Betriebsschluss ein Schwimmbad, sie ist die letzte Kundin, doch irgendwie fühlt sie sich schon die ganze Zeit verfolgt, die Kamera verfolgt sie wie die Beute eines Raubtiers durch die Straßen, und im Schwimmbad vernimmt sie das Fauchen eines Panthers. Doch nach einigen Angstmomenten kommt es zur teilweisen Entwarnung, es war nur Irina, die Oliver sprechen wollte und ihn nicht finden konnte.
An dieser Stelle zitiert Schrader Lewton beinahe wörtlich. Sein Film ist bei Leibe kein Remake, aber die Szene im Schwimmbad ist vom Licht und Kamera eins zu eins von Lewton übernommen, abgesehen von der den 1980ern angepassten Badebekleidung, die unter dem Hayes Office unmöglich gewesen wäre[9]. Das, was Paul Irina in Bezug auf Oliver und Alice prophezeit hat, wird jetzt von ihr als Bedrohung wahrgenommen. Dies hindert sie aber nicht daran, doch mit ihm zu schlafen. Postcoitual brechen aber doch wieder ihre animalischen Instinkte durch und sie verwandelt sich auch für das Kinopublikum sichtbar in einen Panther, verletzt aber den Mann, den sie liebt, nicht.
Schrader nimmt die Erzählung wörtlich, die Großkatze ist kein vordergründiges Symbol für eine verklemmte weibliche Sexualität, das bei Val Lewton immer mit im Raume stand, sondern hier ist sie die Realität, die aber für verschiedene unterschwellige Interpretationen offen ist.
Der Schluss aber ist eindeutig. Irina will nicht so weiterleben, nachdem sich Oliver weigert, ihr den Gnadenschuss zu versetzten. Sie hat noch einen Menschen bei seinem Ferienhaus getötet, um sich wieder in einen Menschen zu verwandeln und will jetzt nocheinmal mit ihm schlafen um als Panther im Großkatzenhaus des Zoos unter ihres Gleichen zu leben, ein Akt von vollständiger Unterwerfung, der entsprechend (aus Sicherheitsgründen) mit Bondage-Sex eingeleitet wird. Nebenbei bemerkt, Klaus Kinski wirkte ein Jahr zuvor in dem Erotikfilm Früchte der Leidenschaft mit, in dem es auch um BDSM und eine extrem masochistische Beziehung einer Frau zu Klaus Kinski ging. Hier aber ist das Thema Unterwerfung der Frau durchgehend ein Thema.
Bereits in der prähistorischen Eröffnungssequenz werden junge Frauen gefesselt den Panthern als Opfer angeboten, Paul sperrt sich in dem Bordell hinter einem vergittertem Fenster ein, die Tiere im Zoo befinden sich hinter Gittern, Paul versucht Irina ein Tuch um den Hals zu legen, Irina trägt bei ihrer Flucht nach Pauls Tod ein auffälliges rotes Halstuch und das Treppenhaus in Olivers Stadtwohnung wirkt wie ein Käfiggitter, die Brücke, auf der sie als Panther von der Polizei gestellt wird, ist eine typische amerikanische Gitterbrücke. Und vor dem letzten Sex mit Oliver fällt der Schatten eines Netzes auf ihren nackten Körper. Ja, die Unterwerfung unter den Mann, den sie liebt wird deutlichst vorbereitet.
It was beauty that killed the beast, heißt es als Abschluss in King Kong, Jean Marais wurde von Josette Day in Es war Einmal durch die Liebe erlöst, Mishima, den Schrader sehr schätzte und seinem Leben ein paar Jahre einen Film widmete, nahm sich in seinem Patriotismus Tristan und Isolde zum Vorbild, und einen Liebestod gibt es auch hier, bloß sind hier die Rollen anders besetzt. Nicht Tristan stirbt, dessen Figur verschmilzt mit der des weiblichen König Marke, als sich am Ende das bereits am Anfang bestehende Paar Alice und Oliver wieder zusammenfindet. Doch ist Oliver ein Held? Er steht im Schatten des dunklen, virilen Paul. Es ist auffällig, dass John Heard die Rolle am Anfang erst einmal abgelehnt hat, weil er annahm bei dem Film handle es sich um einen Porno. Auch mit seinem guten Aussehen kam er nicht ganz an Malcom McDowell heran, dennoch strahlt er ein gewisses notwendiges Maß an Ruhe aus, die dem Film als Kontrast zu den hochdramatischen Schauspiel der beiden anderen Hauptrollen sehr gut tut.
Auch wenn Schrader nach eigenen Angaben einen Drehtag zugedröhnt in seinem Wohnwagen am Set verbracht hat, der Stoff hat ihm gut getan, oder war es einfach nur das Verliebt sein in die Hauptdarstellerin?
[1] Es gab sie in schwarz, gelb, weiblich, homo, einzeln oder in Gruppen. Und natürlich auch in Kombinationen.
[2] Roger Vadim war zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon am Ende seiner Karriere, seine bekannten Filme mit seinen berühmten Gattinnen wie Und ewig Lockt das Weib, Gefährliche Liebschaften und Barbarella stammten aus den 1950ern und 1960ern.
[3] Vor allem bekannt als der gewalttätige Beethovenliebhaber Alex aus Stanley Kubriks Clockwork Orange, aber auch als Captain Harry Flashman aus Royal Flash.
[4] Bekannt aus Paris, Texas, sowie In weiter Ferne so nah von Wim Wenders und Die Braut des Satans.
[5] White Zombie mit seinem Voodoo spielt auf einer karibischen Zuckerrohrplantage
[6] Man denke mit Schrecken an Leben und Sterben lassen.
[7] Das Wie bleibt offen.
[8] George White lässt grüßen
[9] Auch vor dem Inkrafttreten der Zensurbestimmungen des Hayes-Codes im Sommer 1934 war dies nur implizierbar, wie Das Liebeslied der Wüste (bei Myrna Loy) und Im Zeichen des Kreuzes (unter anderem an Claudette Colbert) deutlich beweisen.
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