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  • Streifzüge

Schatten - Eine nächtliche Halluzination

(Deutschland 1923)

Selbst unter Stummfilmen ist dieser expressionistische deutsche Stummfilm eines erfahrenen deutschen Regisseurs eine Außnahme, denn „stumm“ heißt hier wirklich stumm. Abgesehen von der Vorstellung der handelnden Personen gibt es keine Zwischentitel. In einem stillistisch einzigartigem Kammerspiel wird eine Affaire in großbürgerlichen Kreisen des Biedermeier verhandelt. Ein eifersüchtiger Ehemann (Fritz Kortner) glaubt, dass seine Gattin (Ruth Weyer)[1] ein Verhältnis mit dem jungen Mann (Gustav von Wangenheim) [2] hat. Bei einem kleinem Abendessen mit drei Gästen kommt es beinahe zum Eklat, doch der als Amusement anwesende Puppenspieler (Alexander Granach) be- oder verzaubert mit seiner Kunst die Anwesenden und rettet so wohl die Ehe und ein Leben. Das ganze klingt nicht nach sonderlich komplexer Handlung, aber wie Arthur Robinson dies mit sparsamen Mitteln erzählt, macht diesen Film zu eiern kleinem Juwel.

Fritz Rasp [3] spielt einen der Diener, in seiner typischen deutschen Steifheit, doch die beiden Namen, denen man mehr Beachtung schenken sollte, sind Alexander Granach, der als Jude vor den Nazis nach Hollywood floh, wo er in vom russischem Offizier (Mission to Moscow, Three Russian Girls) über Gestapo Killer (Joan of Paris, Auch Henker sterben) bis hin zum Gauleiter (The Hitler Gang) alles spielte, bis er einer banalen Blinddarmentzündung erlag. Fritz Kortner war hingegen in Deutschland eine lange Karriere beschieden. Zwar mußte auch er als Jude vor den Nazis fliehen, aber trotz kleiner Probleme mit den US-Behörden, er hatte im Exil die US-Staatsbürgerschaft angenommen, landete er 1949 als Regisseur an den Münchner Kammerspielen und wurde zu einem der wichtigsten Theaterregisseure der jungen Bundesrepublik.


[1] Hier besprochen in Das alte Gesetz.

[2] Bekannteste Filme Nosferatu, Die Frau im Mond und Danton.

[3] Wir sind ihm hier schon in Langs Spionen und Frau im Mond begegnet.


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