(Japan 1969)
Auch für einen japanischen Arthouse-Film ist dieser ungewöhnlich. Für gewöhnlich bassieren narative Filme auf den Erzählungen, die wenn sie dem Publikum nicht direkt als Erzählung vorgetragen werden, immer auf der Tradition des Theaters basiert. Bei uns im Westen strebt man in den meisten Fällen danach, dem Publikum die Illusion des Miterlebens realistischen Geschehens auf der Leinwand zu ermöglichen, und nur in wenigen Fällen versucht man auf der Bühne diesen Realismus zu brechen. Andere Länder haben andere Theatertraditionen, nicht nur bei der Auswahl der Stücke, sondern auch in der Form der Darbietung. Bei uns im Westen gilt das Figurentheater hauptsächlich als Unterhaltung für Kinder, nur sehr selten werden andere als Stockcharaktäre in “erwachsene” Stücke gebracht, in Asien sieht man dies völlig anders. Vielleicht ist es unsere westliche kulturelle Überheblichkeit, die uns Figurentheater automatisch als “Kinderkram” mit all seinen negativen Konnotationen sehen läßt[1]. Dieser Film aber nimmt die Vorlage und das Medium selbst ernst. Die Kamera gibt uns scheinbar einen Eindruck, wie ein traditionelles Figurentheaterstück vorbereitet wird, doch sehr schnell wird klar, dass die Puppen von echten Menschen gespielt werden. Wie im japanischen Theater üblich, sind die Bühenentechniker völlig schwarz gekleidet auf der Bühne[2] und sorgen für die Bereitschaft der Requisten. Das Stück, das was aufgeführt wird, ist genregemäß eine Liebesgeschichte, die tragisch mit dem titelgebendem Doppelselbstmord endet. Ein kleiner Papierhändler (Kichiemon Nakamura) hat sich in eine Geisha (Shima Iwashita) verliebt und ruiniert sich finaziell darüber, was seine Frau (ebenfalls Shima Iwashita) extrem ünglücklich macht. Da die Geisha von einem reichen Kaufmann erworben wurde, begeht der Papierhändler zusammen mit der Geisha Selbstmord. Filmisch erinnert dieser F-Effekt am ehesten an Von Morgens bis Mitternachts, auch im Zeitgenössischen japanischen Film ist dieser ein Solitär, gegenüber dem Onibaba als völlig normal wirkt, was vielleicht auch daran liegt, dass er in Schwarz weiß im klassischen 4:3 Format gedreht ist. Entsprechendem dem japanischen Figurentheater, dass den Autor als Erzähler in den Mittelpunkt der Aufführung stellt, dem ein Musiker beigeordnet ist, ist auch hier im Film die Musik des japanischen Komponisten Tôru Takemitsu wichtig zum Erzeugen dieser ungewöhlichen Stimmung.
[1] Das betrifft auch Mangas und Comics und natürlich auch den Film als bewegte Bilder, die gegenüber gedruckten/geschriebenen Worten kulturell “minderwertig” seien müssen.
[2] Bei uns werden Bühnentechniker, wenn sie wirklich auf dr Bühne gebraucht werden, als Statisten getarnt (been there, done that) oder gleich ins Stück integriert – man denke nur an Die Marx Brothers in der Oper oder In der Hölle ist der Teufel los.
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