(USA 1929)
1928 war das erste Jahr des Tonfilms[1] und so wollten alle Filmstudios in Hollywood, als sie erkannten, dass der Stummfilm jetzt wohl kein Publikum mehr hatte, natürlich das auf die Leinwand bringen, was das einfache Theater und der Stummfilm nicht konnten, Musik und Tanz, eben das Musical, die amerikanische Version der Operette. Alle Studios probierten die großen Namen vom Broadway in New York zu den Studios im kalifornischen Hollywood zu bringen. Man brauchte nicht nur Leute vor der Kamera, sondern auch Leute dahinter, und das damals heißeste Team in der Produktion von Stoffen waren DeSilva, Henderson und Brown, die mit ihren Songs und Stücken auch heute, zumindest von den Melodien, noch ein Begriff sind[2]. Für das Schreiben einer Operette muss man nicht unbedingt nach Hollywood reisen, und Stoffe gab es in New York City genug. Und da Fox dort keine brauchbare Dependance mehr hatte, wie Paramount mit den alten Astoria Studios in Brooklyn oder Warner Brothers mit dem alten Vitagraph Studio in Manhattan, musste man auf das Personal in Hollywood zugreifen oder Bühnenschauspieler während der Theaterferien nach Hollywood einladen. Zum Glück erwies sich auch eigenes Personal, dass man nur als Stummfilmschauspieler unter Vertrag genommen hatte, als durchaus brauchbar, wenn es um das Singen ging.
Die Handlung dieses Filmes ist operettenmäßig simpel. Ein Sohn (Charles Farrell) aus einer super reichen Familie ist von seiner Verlobten (Sharon Lynn) so genervt, dass er nach Brooklyn flieht, dort bei einer Feier anlässlich des Nationalfeiertag eine junge Arbeiterin und verliebt sich über beide Ohren in diese. Entgegen aller Widerstände endet es in einem klassenüberschreitenden Happyend. Natürlich gibt es entsprechend der Operettenkonventionen ein komisches Paar (Majorie White und Frank Richardson), die natürlich auch ihre große Nummer (You've got me pickin' petals off the daisies) haben, während das Duett des romantischen Paares (If I had a talking picture of you)[3] bei weitem nicht an den titelgebenden Hit Keep your Sunny Side Up und das wundervolle Lamento des I'm a dreamer aren't we all[4] herankommt. Und wie es sich für ein Musical gehört, braucht es natürlich auch eine große Nummer für das Ballett, und da kann man in Hollywood natürlich aus dem Vollen schöpfen. Tonfilm allein reicht nicht, wenn man auch noch Farbfilm bei der Hand hat[5]. Leider ist hier, wie auch in anderen Filmen das Multicolorfilmmaterial der Zeit und dem Schwarzweißfernsehen zum Opfer gefallen. Aber auch in Schwarzweiß wirkt diese Nummer mit ihrer Reise durch alle Klimazonen so beeindruckend, dass sie es in den 1982 in einen Kompilationsfilm über Absonderlichkeiten aus Hollywoods B-Picturs schaffte. Ein klassischer Fall von falsch verwendeten Zitaten. Sunny Side Up war eine A-Produktion eines damals noch großen Studios die auch heute, über 90 Jahre nach ihrem Entstehen zu den Klassikern ihres Genres zählt. Der Regisseur David Butler sollte in den nächsten Jahrzehnten noch viele weitere Musicals mit großen Namen wie Alice Faye, Shirley Temple und Doris Day drehen.
[1] Der Jazzsänger von 1929 war ja eigentlich ein Betriebsunfall. Niemand konnte sich vorstellen, dass das Publikum die Schauspieler Sprechen sehen wollte. Deswegen ist der sogenannte erste Tonfilm eigentlich ein Stummfilm, in dem gesungen wird. Die paar Sätze die der Hauptdarsteller am Klavier spricht, machen ihn zu einem Parttalkie, einem Teilweisetonfilm.
[2] Auch sie konnten manchmal daneben greifen, wie bereits in Just Imagine hier erwähnt wurde. Und dann ist da noch der absolute Plattenbestseller Sonny Boy, der IMHO mehr über die amerikanische Psyche verrät, als Heintje Lieder über die deutsche.
[3] Nur zum Mitschreiben, ein Talking Picture ist ein Tonfilm.
[4] Nein, das bezieht sich nicht auf die Kinder geduldeter Einwanderer in den USA (danke Obama!)
[5] Wie bei The Great Gabbo und Rio Rita.
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