(USA 1928)
Welchen Film kann man sich an Fronleichnam ansehen? Einen Film, der das Hochfest des Sakraments feiert und die hohe Macht der Liebe beschwört? Einen derartigen Film gibt es, er kam in die Kinos, als der Tonfilm bereits deutlich an die Türe geklopft hatte und zeigte auch in Hollywood nocheinmal deutlich, was der Stummfilm alles konnte, wenn er sich nicht mit den Anforderungen des Mikrophons herumschlagen musste. Dem Regisseur wäre dies egal gewesen, seine Filme waren immer gewaltig, sperrig und großartig und brauchten die feste Hand eines Produzenten, der ihn und vor allen die Produktionskosten unter Kontrolle hielt, etwas was nahezu unmöglich war und den verschiedensten Leuten gesundheitlich höchst abträglich war. Erich von Stroheim war ein großartiger Geschichtenerzähler, mit seinem Körper aber auch mit seiner Imagination. Sich selbst hat er erfunden, genauso wie die Szenarien, in denen er sich selbst auf die Leinwand brachte[1], seine Karriere begann als Extra 1915 in Hollywood, bereits 1917 war er als archetypischer deutscher Offizier in Kurzfilmen mit einer eindeutigen Propagandaaussage ein höchst gefragter Mann. In den 1920ern durfte er auch Langfilme drehen, mit den bereits geschilderten Nebenwirkungen.
Auch in diesem Film geht es um eine klassische europäische Geschichte. Ein schneidiger, zynischer Offizier hat Schulden, um sich zu sanieren bleiben ihm nur zwei Möglichkeiten, reich zu heiraten oder, um die Familienehre zu wahren, sich eine Kugel durch den Kopf zu jagen. Sein Vater kennt aus seinem Bekanntenkreis jemand, der als Industrieller (bürgerlich) gerne in den Hochadel einheiraten möchte. Dass das Mädel hinkt, ist dem Offizier vollkommen egal, wichtig ist ihm nur die Mitgift. Doch bei seinem nächsten zeremoniellen Einsatz in Wien, der Eskorte des Kaisers anlässlich der Fronleichnamsprozession verletzt sein Pferd ein Mädel unter den Zuschauern und genau in dieses Mädel verliebt er sich. Leider ist auch diese bereits einem anderen, einem Metzger, versprochen.
Ob es sich bei dieser Konstellation um Stroheims Antwort auf Pabsts Freudlose Gasse handelt, bleibt eine offene Frage, genauso wie Stroheim den Konflikt der Handlung tatsächlich aufgelöst hat, denn er drehte noch einen zweiten Teil dieses Filmes, der aber durch den Tonfilm floppte und die einzige bekannte Kopie verbrannte in den 1950er bei einem Unfall in einem Schneideraum. Was bleibt ist ein großartiger Liebesfilm mit beeindruckenden Bildern aus einer bereits 1928 vergangenen Ära der kuk Monarchie, die Kutsche des Kaisers während der Prozession, in Farbe gedreht, stammt tatsächlich aus dem kuk Marstall.
[1] Wenn er in andere Leute Filme mitwirkte, war er eigentlich immer als er selbst besetzt, ob es nun ein verrückter Bauchredner wie in The Great Gabbo oder ein deutscher Offizier in Die große Illusion war. Er wußte genau, wie er sich als eigene Parodie zu spielen hatte. IMDB Link: https://www.imdb.com/title/tt0019558/reference
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