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  • Streifzüge

Midway - Für die Freiheit

(USA 2019)

Manche Filme überraschen einen durch ihre Mittelmäßigkeit. In welche Fallen hätte dieser Film alles fallen können, Roland Emmerich steht für ein Kino des Spektakels, mit Explosionen und bombastischen CGI-Effekten und das Thema, das diesem Film zugrunde liegt, kann problemlos für billige trumpistische Propaganda missbraucht werden, doch genau letzteres vermeidet der Film, vermutlich aus Rücksicht auf die weltweite Vermaktbarkeit einer 100-Millionendollarproduktion. Dennoch hat auch dieser Film Schwierigkeiten, das Geschehen einer Schlacht, die sich auf einem Gebiet von der mehrfachen Größe des Saarlands im Laufe von zwei Tagen abspielte in gut 140 Minuten dem historisch nur schwach vorgebildetem Publikum darzulegen. Emmrich begrenzt seine Erzählung auf eine einzelne Hauptperson, den Stukapiloten Dick Best (Ed Skrein), der als einziger Pilot bislang an einem einzigen Tag zwei Flugzeugträger versenkt hat, und diese Beschränkung schadet dem Film auch aus historischer Sicht nicht. Im Gegensatz zur Verfilmung von 1976 sind die Verfälschungen der Ereignisse auf japanischer Seite durch Mituso Fuchida[1], mit der man sich bei den eigenen Leuten für die katastrophale Niederlage entschuldigen wollte, korrigiert, da haben Marinehistoriker in den letzten 20 Jahren auch im Westen gute Arbeit geleistet. Es finden sich zurecht keine startbereiten Japanischen Bomber auf den Flugdecks, es wird nur klar gemacht, dass sich die Warte beim Ändern der Bewaffnung in den dunklen, beengten Hangarn beeilen sollen, da man ja so schnell wie nötig die amerikanischen Träger angreifen wolle. Dadurch, dass Dick Best auf der Enterprise stationiert wurde, brauchte man auch nicht auf die in manchen Kreisen immer noch umstrittene Frage eingehen, wer denn vor Ort wirklich das Kommando über die beiden Trägergruppen hatte – Admiral Fletcher auf der Yorktown, dem aber im Laufe der Schlacht sein Flaggschiff zerschossen wurde[2] – und konnte sich ganz auf Admiral Spurance (Jake Weber) konzentrieren, der dem erkrankten Admiral Halsey (Dennis Quaid) folgte. Wenn man eine schnelle Übersicht über diese Schlacht haben möchte, kann man gerne den Artikel über den Dokumentarfilm von John Ford (Geoffrey Blake) lesen, der in diesem Film auch mal so schnell als kleiner Gag für die Eingeweihten eingeschoben worden ist. Nach all diesen positiven Dingen fallen dann doch ein paar Sachen als negativ auf, von Kleinigkeiten wie Ungenauigkeiten bei dem verwendetem Militärgerät, so greifen von Midway zu viele B26 Bomber die japanischen Träger als Horizontalbomber wie die B17 an, und die Dauntless Sturzkampfbomber werfen ihre Bombe aus einer Höhe nach dem Herausziehen aus dem Sturz ab, dass sie im Ernstfall von der eigenen explodierenden Bombe noch beschädigt worden wären. Zugegebener Weise sieht das zwar „cool“ aus, hat aber mit der Realität soviel zu tun, wie die Jägerpiloten in Pearl Habor, die dann auch beim Doolittle Raid mitfliegen. Aber das Hauptproblem des Filmes ist, dass der Raum, in dem die einzelnen Gefechte stattfinden einfach so groß ist. Die Abstände zwischen den Flugzeugträgern auf japanischer Seite lagen bei etwa 5 bis 8 km und die Zerstörer waren nocheinmal 5 Kilometer weiter draußen stationiert. Bei brauchbaren Sichtverhältnissen können Schiffe aus der Luft nur aus etwa 50 Kilometer erkannt werden, für Flugzeuge gelten weit schlechtere Werte, was eben genau diesen, um einen Buchtitel über diese Schlacht zu verwenden, unglaublichen Sieg ermöglichte. Doch ein Punkt, der über einem Schiff einen Punkt verliert, und dann abdreht, während der andere Punkt mit dem Schiff verschmilzt, es aufblitzt und dann nach ein paar Sekunden dicker schwarzer Rauch über dem Schiff, welches nach ein paar Minuten verzögert und dann langsam in Flammen aufgeht, ist nicht sonderlich kinematisch, das weiß man seitdem die Beschießung der Taku Forts nach dem Boxeraufstand vor über 120 Jahren auf die Leinwände kamen. Man kann dem Film mit der Sicht aus dem 21. Jahrhundert vorwerfen, dass da nur weiße Männer geflogen sind, aber warum sollte da die Wirklichkeit beschönigt werden, die US Navy war eine zutiefst rassistische Organisation, die sich sogar mit jüdischen Offizieren[3] schwer getan hat. Frauen kommen in diesem Film nur als Gattinnen und Opfer vor, immerhin wird in einer Nebenhandlung auch auf die Besatzung einer B25 des Doolittle Raids eingegangen, die nur mit Mühe japanischen Nachstellungen in dem von ihnen kontrollierten China entkommen kann, und wie bei Black Book ist es auch hier wieder der Amerikaner der für die örtlichen Chinesen zur Lebensgefahr wird. Trotz einer vernichtend ehrlichen Kritik am japanischen Militarismus gedenkt der Film auch den japanischen Matrosen, die diese Schlacht nicht überlebt haben. Auch diese starben für ihr Vaterland, etwas was heute gerne unter den Tisch gekehrt wird.

[1] der, der in Tora! Tora! Tora! den titelgebenden Funkspruch als Zeichen für den geglückten Überraschungsschlag gegen Pearl Habor durchgab.

[2] Admiral Fletcher hatte, weil er ein seinem ersten Seesieg den Flugzeugträger USS Lexington verloren hatte, dessen erster Kapitän der damalige Oberbefehlshaber der US Navy Admiral Ernest King war und er bei der Folgeoperation bei Guadacanal wie zuvor angekündigt nicht länger als drei Tage für Luftschutz sorgen konnte und so prompt in der Nacht nach dem aus Treibstoffmangel nötigem zurücknehmen der Flugzeugträger eine japanische Kreuzergruppe die alliierten Kreuzer, die bei Savo die Frachter mit der Ausrüstung für die frisch gelandete Infanterie decken sollte, im Schlaf überraschte und versenkte. Dass der mit dem Schreiben der offiziellen Geschichte beauftragte Admiral mit dem für das Landen verantwortlichen Admiral eng befreundet war, war der Reputation Fletchers nach dem Krieg dann natürlich auch nicht förderlich. Dem interessierten Leser empfehle ich Lundstrom: Black Shoe Carrier Admiral als monographische Lektüre.

[3] Admiral Rickover, der Vater der Atom-Uboote und der Kernkraftwerke, war ein Emigrantensohn aus russisch Polen, der nur auf Drängen der Eisenhoweradmistration zum Vizeadmiral befördert wurde, so dass er nicht mehr mit Mitte 50 pensioniert werden mußte. Ob das Verweigern der zum Weiterarbeiten nötigen Beförderung an seiner Herkunft lag, oder seinem auf Sicherheit fixiertem Wesen, was manchem anderen klassischem Admiral, der nicht nur Verwaltungspositionen bekleidet hat, verstörte, lasse ich offen. Seine Reaktoren in den Schiffen haben jedenfalls keine Havarien erlitten wie die seiner militärischen Gegenspieler in der Sovietischen Flotte. Rickover schied erst nach knapp 70 Dienstjahren unter Reagan aus dem aktiven Dienst aus.


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